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1. Behältergerät
2. Berufsgenossenschaft
Rettungstransportwagen
(Altfahrzeuge nach DIN 75080, heute nach DIN EN 1789 Typ C)
Umfangreiche medizinische Ausstattung.
Zum Transport von Notfallpatienten vorgesehen gemäß RettG NW.
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RubrikEinsatz zurück
Thema Drama in Hunte: Retter müssen gerettet werden    # 13 Beiträge
AutorStef8an 8D., Neunburg vorm Wald / Bayern817877
Datum04.03.2016 11:10      MSG-Nr: [ 817877 ]6451 x gelesen

Hm, um das ganze zu bewerten ist die grundlegende Frage erstmal, ob eine der Einsatzkräfte verletzt wurde. Irgendwelche andere Regelverstöße mögen BG, Dienst- oder Fachaufsicht interessieren, die Staatsanwaltschaft verfolgt allerdings nur Straftaten. Als mögliche Straftat kommt hier m.E. nur ein Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB) in Betracht.

Andere Straftaten, wie eine fahrlässige Tötung schließe ich jetzt einfach mal aus, da ich davon ausgehe, dass ein Todesfall unter den Kameraden im Artikel erwähnt worden wäre.

Alleine der Sturz ins Wasser, auch wenn das kalt sein mag, begründet keine Misshandlung oder Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit. Die verunglückten Kameraden müssen also eine Verletzung davon getragen haben, um das ganze für den Staatsanwalt interessant zu machen. Das könnten entweder ein Trauma durch den Sturz selbst, eine Hypothermie oder auch Folgen eines Beinaheertrinkens (Lungenödem, Aspirationspneumonie...) sein. Sollte das nicht vorliegen sind wir raus! Es gibt zwar auch Straftaten, bei denen der Versuch strafbar ist, allerdings sind das von Haus aus erst mal nur Verbrechen oder Straftaten, bei denen es explizit im Gesetz erwähnt wird. Eine versuchte fahrlässige Körperverletzung gibt es nicht. Alleine die Gefährdung der Helfer ist also definitiv kein Fall für den Staatsanwalt.

Dass das ganze bei einem Einsatz passiert ist, bei dem der Rettungsdienst wahrscheinlich vor Ort war, erhöht das Risiko für den Einsatzleiter, dass jemand verletzt wurde ;-) Wenn mir bei einer Übung jemand ins Wasser fällt (Wasserentnahme aus knietiefem Teich), dann holen wir den binnen Sekunden raus, fahren den schnurstracks ins Feuerwehrhaus und sorgen dafür, dass der trocken und warm wird. Hier an der Einsatzstelle hat der Kamerad natürlich Rundumversorgung. Bis der schaut liegt er im RTW, hat eine Nadel im Arm und wird vom Notarzt untersucht, der natürlich eine milde Hypothermie attestiert. Das will ich hier auch nicht kritisieren, die Einsatzkraft hat eine bestmögliche Versorgung verdient. Jetzt steht allerdings erst mal eine fahrlässige Körperverletzung im Raum. Der Staatsanwalt leitet nach Bekannt werden, also nach Eingang der anonymen Anzeige ein Ermittlungsverfahren ein und beauftragt seine Ermittlungspersonen (also die Polizei) damit den Geschädigten zu vernehmen. Wenn der Geschädigte hierbei die Verletzung geltend macht, dann ermittelt die Polizei erst mal weiter. Wenn der Geschädigte jetzt klar stellt, dass ihm absolut gar nichts gefehlt hat und dass das alles nur vorsorglich war und dass er anschließend gar nicht ins Krankenhaus kam, dann geht das Verfahren schon wieder ziemlich dem Ende zu. Der Kamerad wird vielleicht noch gebeten den Notarzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden und der Notarzt wird vielleicht als Zeuge vernommen und befragt, ob eine Hypothermie vorlag oder ob der Kamerad mit Verdacht auf Hypothermie vorsorglich behandelt wurde. Wenn die Polizei zu dem Schluss kommt, dass keine Verletzung vorlag, dann wird das der StA vorgelegt und diese stellt das Verfahren nach § 170/II StPO mit Begründung ein.

Wenn eine Verletzung vorlag, dann wird der Geschädigte gefragt, ob er Interesse an einer Strafverfolgung hat. Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung sind nach § 230 StGB nämlich sogenannte Mischantragsdelikte. Anders als bei sogenannten absoluten Antragsdelikten kann der Staatsanwalt diese zwar auch ohne Strafantrag des Geschädigten verfolgen, hierfür muss aber ein sogenanntes besonderes öffentliches Interesse vorliegen. Dieses öffentliche Interesse kann man jetzt nicht zu 100 % klar definieren. Hierein spielen die Folgen, also die Schwere einer Verletzung, das Ausmaß einer möglichen Pflichtverletzung und andere Punkte eine Rolle. Im Endeffekt ist das eine Ermessensentscheidung des Staatsanwaltes.

Wenn der Staatsanwalt das vorgelegt bekommt muss er, neben dem öffentlichen Interesse natürlich auch noch prüfen, ob der subjektive und der objektive Tatbestand erfüllt sind (der objektive Tatbestand besteht hier darin, das ein Mensch verletzt ist oder nicht, das ist ja mal einfach). Der subjektive Tatbestand ist die Schuldform. Hier ist mindestens Fahrlässigkeit gefordert. Er muss also prüfen, ob der Einsatzleiter fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig heißt auf gut Deutsch, dass es keine Absicht war, dass er aber irgend eine Pflichtverletzung begangen haben musste und zumindest ahnen konnte, dass was passiert. Wers genauer wissen möchte googelt die Begriffe bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit. Den Begriff grob Fahrlässig vergessen wir mal, der gehört ins Zivilrecht. Das Gegenstück im Strafrecht dazu heißt Leichtfertigkeit. Wen das interessiert, der kann das auch gerne googeln. Die absichtliche Schuldform nennt sich Vorsatz (wird auch unterteilt in direkt und bedingt), das schließen wir hier aber mal aus, dass der Einsatzleiter wollte, dass seine Kräfte verletzt werden.

Die Prüfung der Schuldform ist ist bei weitem nicht so einfach. Hier steht zum einen die Behauptung, dass das Boot nicht für den Einsatz in fließenden Gewässern geeignet war. In der Hinsicht muss aber eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen werden. Es muss also geprüft werden, ob das Risiko für die Einsatzkräfte im Verhältnis zu einer möglichen Menschenrettung stand.

Zudem kann der Einsatzleiter die Risiken auch anderweitig minimiert haben. Wenn der Einsatzleiter schon mal darauf achtet, dass alle seine Kräfte Rettungswesten tragen ist schon mal gut. Der Fluss scheint mir auf dem Video auch nicht so breit, das stellen von Sicherungsposten mit Wurfleinen an beiden Ufern scheint eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme zu sein, die geeignet wäre, eine schnellstmögliche Rettung der Kräfte aus dem Wasser zu ermöglichen. Zudem hat der Einsatzleiter Kräfte der Wasserrettung alarmieren lassen, die sich bereits auf Anfahrt befanden. Auch die Tatsache, dass der Rettungsdienst zur Absicherung vor Ort war und bereit stand könnte hier für den Einsatzleiter sprechen. Aufgrund der vorliegenden Informationen könnte man jetzt schon davon ausgehen, dass der Einsatzleiter alles getan hat, um seine Kräfte vor ernsthaften Verletzungen oder gar vor dem Ertrinken zu schützen. Wenn der Einsatzleiter alles getan hat, um diesen Mangel des Bootes auszugleichen und der Unfall so nicht vorhersehbar war, dann dürfte er auf der sicheren Seite sein.

Bliebe maximal eine Unterkühlung, die vielleicht vorgelegen hat, das konnte ich aus dem Artikel nicht erkennen. Sogar wenn man dem Einsatzleiter jetzt vorwirft, dass er das vorhersehen hätte müssen... Hier würde ich sagen, dass ein Sturz ins Wasser bei einem Einsatz auf einem Motorrettungsboot zum allgemeinen Einsatzrisiko einer Einsatzkraft gilt, die auf dem Wasser eingesetzt wird. Das muss der Einsatzkraft bewusst sein und das muss sie, wenn sie bereitwillig auf dem Wasser in Einsatz geht auch in Kauf nehmen. Sollte das Verfahren nicht im Vorfeld bereits nach § 170/II StPO mit Begründung eingestellt worden sei, dürfte es abschließend nach § 170/II ohne Begründung eingestellt werden.

Rein strafrechtlich dürfte an dem Einsatzleiter hier nichts hängen bleiben. Diese anonyme Anzeige wirkt für mich eher ein wenig so, als ob da einer jemanden ans Bein pissen will.

Die ganze Einschätzung vorbehaltlich dessen, dass keine anderen gravierenden Folgen eingetreten sind. Wenn ein Kamerad ertrinkt sieht das ganz anders aus! Wir haben so viele Möglichkeiten uns gegen Ertrinken zu schützen, dass das eigentlich nicht vorkommen dürfte. Auch vorbehaltlich dessen, dass der Sachverhalt so war, wie er in den Medien dargestellt wurde. Das ganze ist natürlich eine persönliche Einschätzung und hat keinen Anspruch auf Richtigkeit ;-)

Noch ein kleiner persönlicher Apell:
Auf dem Video und auf einigen der Bilder sieht man die Kameraden der DLRG, die als sogenannte Wasserretter oder Strömungsretter ausgerüstet sind. Diese Ausrüstung ist genau dafür da, um auch in widrigen Bedingungen, also in kaltem Wasser und bei Strömung im Wasser eingesetzt werden zu können. Soweit ich die Zeit habe, würde ich jedem Einsatzleiter empfehlen auf diese Kräfte zurück zu greifen. Würde jemand im Neoprenanzug mit Taucherbrille zum Brandeinsatz kommen, würden wir ihn auslachen. Genauso ist es aber hinsichtlich unserer Ausrüstung in Hinsicht auf Einsätze an Gewässern. Schnell mit dem Boot rausfahren wirkt einfach, aber ich plädiere immer getreu der GAMS-Regel dafür auch hier den Spezialisten den Vortritt zu lassen. Natürlich kann bei denen auch was schief gehen. Das sieht man leider auf dem Video. Aber großartig, dass es von diesem Einsatz ein Video gibt! Dieses Video eignet sich hervorragend für Schulungsmaßnahmen! Ohne Fehler der Kameraden anzuprangern, es gibt einfach viele Gefahren im Bereich von Gewässern die unterschätzt werden und hier sind solche Videos einfach unschätzbar wertvoll.

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 05.03.2016 14:15 Stef7an 7D., Neunburg vorm Wald
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