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1. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
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RubrikKommunikationstechnik zurück
ThemaProjekt smarter: Smartphone-based Communication Networks for Emergency6 Beiträge
AutorThom8as 8R., Haibach / Bayern834435
Datum21.10.2017 13:59      MSG-Nr: [ 834435 ]1317 x gelesen
Infos:
  • 22.10.17 BBK: Smartphone als Lebensretter: Eine App für den Katastrophenfall

  • Hallo,

    ich habe gestern an der Pressevorführung in Darmstadt teilgenommen.

    Dort wurde die App und das Projekt vorgestellt, dabei konnten Fragen gestellt werden, die einige Aspekte zu Tage förderten, die aus den offiziellen Verlautbarungen so nicht zu entnehmen sind.

    Grundidee ist eben, das inzwischen fast jeder ein sehr leistungsfähiges Kleinfunkgerät 24/7 mit sich herumträgt, im Falle von Strom- und/oder Netzausfall das Teil aber höchstens noch als Fotoapparat und Taschenlampe taugt.

    Zur Zeit arbeitet die Smarter-App ausschliesslich auf WLAN Basis, somit sind Reichweiten bis 200m möglich, was in bewohnten Gebieten ausreichend sein soll, wenn eben ausreichend Mesh-Mitmacher vorhanden sind. Wenn die Katastrophe ins ländliche geht, wirds m.E. sehr schnell sehr dünn.

    Grund für das nichtimplementieren von aktueller Mobilfunktechnik wie UMTS, LTE und Konsorten, ist zum einen eine Definitionslücke des TKG, die per se keinen Netzbetrieb OHNE Netzanbieter vorsieht - nach dem Motto: Wenn gefunkt wird, muss immer wer verantwortlich sein.
    Zum anderen wurde zwar die aktive Teilnahme von Vodafone und Telekom im Projektteam erwähnt, ich kann mir aber vorstellen, dass die es nicht so toll finden, ihre teuer erworbenen Frequenzen nun von 'jedermann' genutzt zu sehen, zumal sie ja aus obiger TKG Lage heraus quasi für Netze verantwortlich wären, während sie von ihnen selbst garnicht betrieben werden.

    Auf technischer Seite würde es den aktuellen Normen wohl noch an location based services (LBS) fehlen, die z.Z. wohl bereits implementiert sind, um z.B. auf Messen oder andern Menschenansammlungen das direkte Verbinden zweier Gesprächspartner innerhalb einer Funkzelle zu ermöglichen, um die Kapazitäten der Masten zu erhöhen. Im jetzigen Fall aber eben vergleichbar der Wechselrichter der heimischen Solaranlagen: immer alles unter strenger Überwachung des Netzbetreibers, wenn der schweigt, geht gar nichts. Sowas führungslos zu betreiben, müsste erst in kommenden Mobilfunkstandards implementiert werden. Im Rahmen der deutlich höheren Reichweiten bei niedrigerem Energieverbrauch (Stand der aktuellen Handytechnik) wäre eine Implementierung solcher betreiberlosen Meshs in die Mobilfunkstandards aber erstrebenswert.
    Zumal ich mal vermute, das in Zeiten des hauptsächlich pauschal abgerechneten Datenaustauschs über die Mobilfunknetze die Bedenken der Netzbetreiber auf ihren Sekunden- und Zeichengenauen Erträge schmelzen.


    Weiterer Aspekt: Stromverbrauch des Handys. Die jetzigen Implementierungen von LBS, die ja in erster Linie das Usertracking im Visier haben, und dazu dauernden GPS Betrieb erfordern, haben ja auch damit zu kämpfen, dass sie den Stromverbrauch drastisch erhöhen. Laut Aussagen des Projektteams würde eine Implementierung dieser Mesh-Dienste in Hardware aber zu einer drastischen Verringerung führen, bzw. im Smarter-App Szenario nur GPS Daten vom Gerät zu ermitteln sind, wenn z.B. Hilfe herbeigeholt werden soll oder notwendiges Material angeboten oder gesucht wird.


    Aktuell ist es technisch so, dass jedes Handy ein Adhoc-WLAN einrichtet, in das sich dann eben andere Meshgeräte einklinken und anbieten Informationen weiterzuvermitteln.


    Hingewiesen wurde auch darauf, dass der Datenschutz und Datensparsamkeit gewahrt bleiben (soweit ein solches Szenario darauf Rücksicht nehmen kann) und trotz der anmeldelosen, dauernden WLAN-Verbindungen zu jedem erreichbaren Smarter-Handy die Datenübertragung verschlüsselt erfolgt und nicht mitlesbar ist.
    Da das Netz per Definition hoch mobil und flexibel ist, werden Nachrichten zwingend auch auf Meshgeräten zwischengespeichert, die nur Teile der Infrastruktur darstellen, bis eben die Möglichkeit des Weitertransports besteht. Diese dürfen aber, da sie weder Absender noch Adressat sind, Zugriff auf deren Inhalt erlangen.
    Ausserdem werden sowohl 'Lebenszeichen' als auch die Bitte darum auf Mitglieder des Adressbuchs beschränkt. (Ich stelle mir gerade vor, als einziger mit Smarter-App bei einem Schneesturm als Passagier eines Flixbus in einem Monsterstau festzusitzen, um dann erstmal die Kontaktdaten des kompletten Mitfahrerschaft zu erfassen ;-) ) Auf der anderen Seite ein gutes Beispiel dafür, wo 200m Reichweite locker ausreicht. Die Lebenszeichen dürften sich entlang des Staus (oder deutlich schneller in Richtung des fliessenden Gegenverkehrs) problemlos in Gebiete vorarbeiten können, wo evtl. wieder Strom und/oder Netzabdeckung vorhanden ist.
    Auch hier die Möglichkeiten des implementierten Schwarzen Bretts in der Smarter-App durchaus sinnvoll. Wer nur mal eben hemdsärmelig einen Ort weiter wollte und in einem solchen Stau steckt, bekommt bei niedrigen Temperaturen schnell ein Problem, wohingegen die Familie auf dem Weg in die Skihütte mehr dicke Klamotten und Proviant dabei hat, als sie auf einmal tragen kann.


    Eine Anfrage bezog sich auf die Anbindung der App an die aktuelle Leitstelleninfrastruktur. Das wurde als durchaus möglich beantwortet (Die Option Notruf besteht bereits), aber es wurde darauf hingewiesen, dass sowas in konkreten Katastrophenlagen auch mal schnell jede Leitstellenkapazität überfordert und auch im Rahmen der Hilfe zur Selbsthilfe, am Thema vorbei geht. Denn es geht eben um die Phase wo koordinierte, professionelle Hilfe Mangelware ist und das nicht, weil sie nicht alarmiert werden konnte, sondern eher das Gegenteil: längst alarmiert und somit gebunden ist.


    Ein weiteres Thema war Priorisierung, insbesondere im Hinblick auf die eingeschränkten Ressourcen. Es müsse z.B. gewährleistet sein, dass Informationen des Betreibers (im konkreten Fall des BBK oder anderer BOS), priorisiert durchkommen, und nicht im Strom der 'mir gehts gut' steckenbleiben.

    Ein weiterer Punkt der Software sind in der Software abgelegte, also netzlos zur Verfügung stehende Hinweise für den Fall der Fälle: Erste Hilfe, Vorsorgemassnahmen, Verhaltensregeln, ...


    Fazit aus meiner Sicht war:

    Die Technik ist grundsätzlich flächendeckend vorhanden, Akzeptanz und Einsicht der Notwendigkeit durch Anwender ist durchaus zu erkennen, es fehlt aber zum einen aus gesetzgeberischer Sicht (Betriebsmodus ist weder legitimiert noch aktuell überhaupt legitimierbar), zum anderen auf Hersteller- und Normungsebene, an Rahmenbedingungen zur Optimierung des ganzen.


    Ein Aspekt der gestern nicht angesprochen wurde: Vergleichbare Apps wie FireChat, haben ihre Beliebtheit auch aus Krisensituationen heraus erlangt, waren aber eben in ihrer Anwendungsintention gegen den Staat gerichtet.
    Eigentlich sollte es für einen Rechtsstaat von daher ein gutes Zeichen sein, wenn er in die Entwicklung einer Software für die Redefreiheit und Informationsverbreitung in Ausnahmezuständen federführend beteiligt ist. In Sachen Fakenews könnte die Beteiligung einer Behörde sogar ein Segen sein: Ein Medium für offizielle Nachrichten und 'Hörensagen, das dem Anwender die Möglichkeit bietet, sich daraus ein Bild der Lage zu machen.

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     31.01.2018 09:56 Jürg7en 7M., Weinstadt

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