Rubrik | Berufsfeuerwehr |
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Thema | Unterlassene Hilfeleistung des Einsatzleiters? #
| 40 Beiträge |
Autor | Dr. 8Dr.8 Th8oma8s R8., Lübeck / S-H | 837172 |
Datum | 04.02.2018 13:41 MSG-Nr: [ 837172 ] | 7384 x gelesen |
Strafgesetzbuch
Geschrieben von Thomas S. Liegt hier eine Straftat vor? Wenn ja, welche?
Achtung: Ich kenne weder die Akte noch den Vorfall, ich betreibe also gerade Ferndiagnose, ohne den Patienten gesehen zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich daneben liege, ist also recht hoch.
1.
Wie schon von einem Vorposter erwähnt, dürfte § 323c StGB (unterlasssene Hilfeleistung) keine Anwendung finden, der Einsatzleiter dürfte aber - da er mitarlarmiert wurde - eine Garantenstellung haben.
2.
D.h. es kommt eine Strafbarkeit durch Unterlassen in Gestalt eines unechten Unterlassungsdeliktes (Totschlag durch Unterlassen usw.). in Betracht - mit deutlich höherer Straferwartung.
Dafür setzt es aber noch ein bisschen mehr voraus: Ist denn überhaupt ein geschütztes Rechtsgut verletzt worden? Ein Mensch getötet oder verletzt? Ist mehr in Brand geraten als bereits brannte (etwas unscharf ausgedrückt), so dass wir Brandstiftung durch Unterlassen in Betracht ziehen könnten?
Wenn ja, dann müsste das Verhalten des Einsatzleiters auch kausal gewesen sein für diesen Schadenseintritt. Sprich: Wenn jemand bei dem Einsatz ums Leben gekommen wäre, muss der Tod durch das hypothethische Ausrücken des Einsatzleiters zu verhindern gewesen sein. Bei einer Brandausbreitung auf noch nicht brennende Objekte könnte man hier ggf. ansetzen, das dürfte aber für die Staatsanwaltschaft schwierig werden.
3.
Böse enden könnte es für den Einsatzleiter aber, wenn die Staatsanwaltschaft einen Versuch eines Deliktes durch Unterlassen in Form eines Evenualvorsatzes annimmt. D.h. wenn sie dem Einsatzleiter nachweisen kann, dass es ihm total egal war, ob da jemand ums Leben kommt (sich der Brand ausbreitet/ein anderes geschütztes Rechtsgut verletzt wird), wenn er nicht mit rausfährt, dann kann man ihn wegen des Versuches anklagen.
Die Abgrenzung ist hier in etwa wie bei den Ku'damm-Rasern: Die sind vorsätzlich gerast (der Einsatzleiter ist vorsätzlich nicht herausgefahren), aber hofften die Raser, dass es schon gut geht (bewusste Fahrlässigkeit, kein Vorsatzdelikt) oder war es ihnen egal, dass eventuell ein Mensch ums Leben kommt (Eventualvorsatz --> Verurteilung wegen Mordes).
4.
Wenn man den Vorsatz nicht nachweisen kann, aber ein geschütztes Rechtsgut verletzt wurde, bliebe schließlich eine Fahrlässigkeitstat durch Unterlassen (z.B. Fahrlässige Tötung durch Unterlassen, § 222 StGB). Eine versuchte Fahrlässigkeitstat gibt es hingegen nicht.
5.
Was kann also folgen?
- Wenn kein Rechtsgut verletzt und Eventualvorsatz kann nachgewiesen werden --> Strafbarkeit nach Vorsatzdelikt im Versuch --> Freiheitsstrafe
- wenn kein Rechtsgut verletzt und es wird Fahrlässigkeit hinsichtlich der Rechtsgutverletzung angenommen --> keine Strafbarkeit
- wenn ein Rechtsgut verletzt und Kausalität des Nichteinschreitens wird nachgewiesen und Eventualvorsatz kann nachgewiesen werden --> Strafbarkeit nach Vorsatzdelikt --> Freiheitsstrafe
- wenn ein Rechtsgut verletzt und Kausalität des Nichteinschreitens wird nachgewiesen und es wird Fahrlässigkeit hinsichtlich der Rechtsgutverletzung wird angenommmen werden --> Strafbarkeit nach Fahrlässigkeitsdelikt --> eher Geldstrafe
Disziplinarrechtlich wird aber mit Sicherheit Einiges auf den Einsatzleiter zukommen.
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