DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Hallo,
ich möchte noch kurz auf Deine Frage zurückkommen.
Geschrieben von Daniel R.Kann der VB bzw die Baurechtsbehörde von sich aus fordern (sinngemäß)
" In Anlehnung an die ASR A 2.3 fordern wir (z.B. auf Grund der Anzahl X im Gebäude lebenden Menschen) eine Notausgangsbreite von 1,20m ( zum Beispiel um einen Rückstau zu verhindern).
Geht sowas rein rechtlich?
Rein rechtlich lässt der Gesetzgeber im Regelfall zu, dass die Bauaufsichtsbehörde für Sonderbauten zusätzliche Anforderungen stellen kann, die der Erfüllung der Schutzziele "dienlich" sein können.
Geschrieben von BauO Bln § 51 Sonderbauten An Sonderbauten können im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach § 3 Satz 1 besondere Anforderungen gestellt werden.
oder adäquat bei uns in Bayern
Geschrieben von BayBO Art. 54 Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden
Abs. 3 Satz 1: Soweit die Vorschriften des Zweiten und des Dritten Teils mit Ausnahme der Art. 8 und 9 und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften nicht ausreichen, um die Anforderungen nach Art. 3 zu erfüllen, können die Bauaufsichtsbehörden im Einzelfall weitergehende Anforderungen stellen, um erhebliche Gefahren abzuwehren, bei Sonderbauten auch zur Abwehr von Nachteilen; dies gilt nicht für Sonderbauten, soweit für sie eine Verordnung nach Art. 80 Abs. 1 Nr. 4 erlassen worden ist.
Abs. 4: Bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen können Anforderungen gestellt werden, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist.
Das mit den bestandsgeschützten baulichen Anlagen hab ich in der BauO Bln nicht gefunden.
Eine dazu passende Definition der "erheblichen Gefahr" ist in diesem Schreiben der Obersten Baubehörde (BY) zu finden.
Geschrieben vom o.g. Schreiben Für die Feststellung, dass eine erhebliche Gefahr vorliegt, wird es immer einer Beurteilung der konkreten Situation vor Ort bedürfen. Beispielhaft ist von einer erheblichen Gefahr in Bezug auf den Brandschutz unter anderem dann auszugehen, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 BayBO für Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen regelmäßig geforderten zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen. Eine erhebliche Gefahr in diesem Sinn entsteht nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern (vgl. auch HessVGH, Beschl. v. 18.10.1999 4 TG 3007/97). Ist eine bauliche Anlage bestandsgeschützt, so ist daher eine fortwährende Nachrüstung immer auf den Stand der aktuell geltenden Vorschriften bauordnungsrechtlich nicht veranlasst.
Für Regelbauten (und wie o.g. in Bayern geregelte Sonderbauten) ist das Baurecht im Regelfall abschließend geregelt. Orientiert man sich dabei für Ausgangs- und Türbreiten von Regelbauten, die keine Sonderbauten sind, an den Breiten notwendiger Treppen, die in der DIN 18065 als eingeführte Technische Baubestimmung (siehe z.B. Anlage zur VV TB Bln) genannt sind, dann macht man eigentlich brandschutztechnisch nix verkehrt. Vielleicht ergeben sich aber sogar vorgegebene Breiten aus Anforderungen der Barrierefreiheit.
Wenn die Bauaufsichtsbehörde unter den o.g. Bedingungen aber weitergehende Anforderungen stellt ist es natürlich sinnvoll, Parallelen zu andern Vorschriften zu ziehen, in welchen vergleichbare Situationen unter den gleichen Schutzzielbedingungen geregelt sind.
Beispiel: Es geht um ein Gebäude mit einem Raum mit einer vorgesehenen Nutzung durch 400 Personen. Dieses ist eingestuft ungeregelter Sonderbau (Gebäude mit Räumen, die einzeln für eine Nutzung durch mehr als 100 Personen bestimmt sind, Art. 2, Abs. 4 Nr. 6 BayBO), es ist aber keine Versammlungsstätte (Art. 2, Abs. 4 Nr. 7 BayBO, geregelter Sonderbau).
Der Brandschutznachweisersteller sieht für den Raum eine Ausgangstür mit 1m vor, die auf einen Flur mit 1,20m Breite führt. Die notwendige Treppe hat wieder eine Breite von 1m, ebenso der Ausgang ins Freie.
Wenn dann die Bauaufsicht Rettungswege mit entsprechenden Breiten (2 x 1,20m / 400 Pers.) und Rettungswegführungen (z.B. 2. baulicher Rettungsweg) fordert ist dies rechtlich zulässig (Art. 54, Abs. 3 Satz 1 BayBO, s.o.) und analog zur VStättV auch vergleichbar geeignet, um das Schutzziel (Art. 3, Abs. 1 BayBO, Leben und Gesundheit ... nicht gefährdet i.V.m. Art. 12 BayBO, Rettung von Menschen ... möglich) sicherzustellen. Würde die Bauaufsicht da noch ordentlich draufsatteln, müsste man schon eine gute Begründung haben, warum Rettungswege in Anlehnung an VStättV nicht auch ausreichen würden.
Wäre das Gebäude eine Versammlungsstätte als geregelter Sonderbau (VStättV), dann wäre die Rettungswegbreite und -führung abschließend geregelt und die Bauaufsichtsbehörde dürfte für das Beispiel nicht noch zusätzlich einen dritten baulichen Rettungsweg oder zusätzliche Anleiterstellen fordern oder eine Rettungswegbreite von 4m.
Im Allgemeinen ist es zwar immer sinnvoll, sich zur Brandschutzplanung an baurechtlichen Parallelen zu orientieren, genauso ist es aber sinnvoll, bei Arbeitsstätten den Entwurfsverfasser darauf aufmerksam zu machen, dass er sich im Rahmen seiner Planerverantwortung für einen vollständigen und brauchbaren Entwurf mal mit dem Bauherrn/Betreiber über arbeitsschutzrechtliche Vorschriften und Gefährdungsbeurteilung austauschen sollte, da deren Anforderungen ggf. über die baurechtlich-brandschutztechnischen Vorgaben hinausgehen.
Die Entwurfsverfasserin oder der Entwurfsverfasser hat dafür zu sorgen, dass die für die Ausführung notwendigen Einzelzeichnungen, Einzelberechnungen und Anweisungen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. (§ 54 Abs. 1 BauO Bln)
und
Für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen aller Fachplanungen bleibt die Entwurfsverfasserin oder der Entwurfsverfasser verantwortlich. (§ 54 Abs. 2 BauO Bln)
HTH,
Grüßla,
FP
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