DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
https://www.beuth.de/de/erweiterte-suche/272754!search?alx.searchType=complex&searchAreaId=1&query=sperrwerkzeug&facets%5B276612%5D=&hitsPerPage=10 Aktuell liegen zwei Normentwürfe vor, die die Feuerwehrausstattung im Bereich der der Zugangstechniken wesentlich beeinflussen könnten: Die DIN 14800 Teil 12 über den Feuerwehr-Sperrwerkzeugkasten und Teil 20 über den Werkzeugkasten Fensteröffnung liegen als neue Entwürfe vor.
Zusammen mit der Beobachtung, dass spezifisch die Türöffnungseinsätze in den letzten Jahren einen zunehmenden Anteil der TH-Einsätze ausmachen, sollte dies einige Gedanken zu dem Themenkomplex wert sein.
In der Überarbeitung des Sperrwerkzeugkastens (die noch aktuelle Version ist von 12/ 2013) gibt es neben diversen kleineren Änderungen eine zentrale Neuanpassung:
Die Zugvorrichtung entfällt zugunsten einer Akkufräse.
Das ist konsequent und richtig, da ziehen immer weniger zum Erfolg führt:
-Die immer mehr verbreiteten Bohrmuldenzylinder lassen sich generell kaum ziehen
-Bohrschutzstifte und andere in Schließzylindern integrierte Sicherheitsbauteile führen zum Abreißen der Zugschraube oder lassen diese keinen Halt finden
-Spezielle Türbeschläge oder Rosetten unterbinden das Ziehen gänzlich
-Gegen (klassisches) ziehen geschützte Schlösser sind verbaut
-Durch klassisches Ziehen wird eine Mehrfachverriegelung und damit faktisch die komplette Tür zerstört.
Fräsen ist eine hervorragende Öffnungstechnik, es ist schnell, erfolgssicher und bei guter Einsatztaktik oft sogar schneller als die gewaltsame Öffnung bei gleichzeitig minimalen Schäden. Daher ist die Umstellung des Türöffnungssatzes auf Fräsen als Haupttechnik richtig und wichtig, einzelne Feuerwehren setzen das Fräsen ja durchaus auch schon seit der Jahrtausendwende und damit seit 20 Jahren ein.
Man muss es eben nur beherrschen, wie alle anderen handwerklichen Tätigkeiten auch
In der Praxis nehmen Werkzeugsätze zur Türöffnung allerdings eine gewisse Sonderstellung ein: Praktisch alle Feuerwehren, deren Ausstattung mir bekannt ist, verfügen nicht über den genormten Sperrwerkzeugsatz, sondern über eine nach und nach angewachsene eigenen Zusammenstellung. Resultierend beschaffen die Feuerwehren nur sehr selten komplette neue DIN-Sperrwerkzeugsätze, sondern übernehmen üblicherweise die Sätze von Fahrzeug zu Fahrzeug und ergänzen diese nach dem jeweils erkannten oder vermuteten Bedarf. Klassisch entstehen daraus häufig zwei Effekte: Das Beschaffen in der Praxis nicht für Feuerwehren geeigneter Werkzeuge aus Schlüsseldienstkatalogen und mehrfache unnötige Rückfallebenen (z. B. mehrere verschiedene Zugvorrichtungen im Werkzeug), die den Satz unnötig schwer und unübersichtlich machen.)
Im nun vom Türöffnungswerkzeug getrennten und im Umfang wesentlich erweiterten Fensteröffnungswerkzeugsatz (Entwurf, s. o.) ist eine relativ neue und wirklich gute Öffnungstechnik für geschlossene Fenster mit vorgesehen: Mittels Diamantbohrkrone und Akkubohrschrauber lässt sich in der Nähe des Griffes ein Loch in die Scheibe bohren, durch dieses Loch kann mit einer etwa Z-förmigen Öffnungsstange der Griff entriegelt werden. Dadurch ist zwar immer noch die Fensterscheibe, ähnlich wie beim Einschlagen, zerstört; das ca. 50 mm große Loch lässt sich aber mit Klebeband oder passenden Stopfen schnell und einfach provisorisch verschließen. Das ist aus meiner Sicht gegenüber der klassischen Methode schon ein deutlicher Komfortgewinn für die Kundschaft und auch immer noch wesentlich schneller und sauberer als der Dreieckschnitt in die Fensterscheibe neben dem Griff.
Welchen realen Auswirkungen wir es auf die Praxis haben, wenn diese Normentwürfe verbindlich werden?
Vermutlich eher geringe, die eine oder andere Feuerwehr wird einen Sperrwerkzeugsatz ohne Zugvorrichtung und mit Fräse bekommen und sich dann hoffentlich zeitnah in den Gebrauch der Fräse einweisen lassen, soweit noch nicht erfolgt.
Welche empfehlenswerten Auswirkungen sollte es haben?
Die Türöffnung mit wenigen, aber guten Werkzeugen wie Türfallengleitern, Spiralfallenöffnern und Fräse ist Stand der Technik. Wer noch mit der Glocke oder gar dem Knackrohr Türen öffnet, sollte schleunigst die Zeichen der Zeit erkennen und auf Fräsen und einen kleinen, aber guten manipulativen Werkzeugsatz umstellen. Damit lässt sich meist beträchtliches Geld einsparen, jede nicht durch veraltete Techniken zerstörte mehrfachverriegelnde Tür in besserer Qualität sorgt dafür, dass zwischen 3.000 und 10.000 Euro mehr in der Gemeindekasse verbleiben!
Darüber hinaus empfehle ich folgendes:
-Volumen zu sparen. Es ist ein großer Unterschied, ob man zu jedem Türöffnungseinsatz 10 oder 20 Kilo Werkzeug in den n-ten Stock schleppen muss.
-Jegliche Knackrohre und Zugvorrichtungen nebst deren spezifischem Zubehör sollten generell entfallen.
-Das Werkzeug sollte möglichst übersichtlich verpackt sein, im Optimalfall sind alle wichtigen Werkzeuge für eine Technik entweder in jeweils einer Werkzeugwand im Behältnis oder in einer Rolltasche verstaut. (Das komplette manipulative Werkzeug passt beispielsweise hervorragend und übersichtlich in eine handelsübliche Intubationstasche).
-Ein ergonomisches Behältnis ist heutzutage auch kein Luxus mehr, es muss dafür nicht zwangsläufig der Türöffnungsrucksack irgendeiner teuren Firma sein. Oft hilft auch schon die kleine Lösung mit z. B. einem selbst angebrachten Schultertragegurt am Blechkoffer deutlich weiter.
-Ein einfacher, aber guter Kippfensteröffner ist immer noch das am häufigsten genutzte Fensteröffnungswerkzeug und sollte in jedem Falle vorhanden sein.
-Der erweiterte Fensteröffnungswerkzeugsatz ist grundsätzlich eine gute Sache. Da sich aber nicht alle Öffnungstechniken gut und sicher von einer tragbaren Leiter aus anwenden lassen, könnte es sinnvoll sein, insbesondere die DLK-Fahrzeuge damit auszustatten.
Soweit meine Überlegungen und Denkanstöße zu dem Thema. Natürlich beruhen diese auf meinen Kenntnissen, es gibt viele andere Meinungen dazu. In diesem Sinne viel Spaß bei der Diskussion.
Gruß aus dem Saarland
Jo
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Geändert von Josef M. [14.03.21 10:07] Grund: = nur für angemeldete User sichtbar = |