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ThemaGutes Feuer, schlechtes Feuer19 Beiträge
AutorMark8us 8W., Schwäbisch Gmünd / Baden - Württemberg624524
Datum08.05.2010 21:05      MSG-Nr: [ 624524 ]6145 x gelesen

Ich picke mir jetzt mal deinen Beitrag raus, antworte aber auch auf andere.

Kurz zur Pflanzenphysiologie und Ökologie:

Pflanzensamen benötigen oft eine Induktion (Reizeinwirkung), damit sie keimen. Diese Induktion kann chemischen (Hormone) oder chemischen Ursprungs (Temperatur, Licht, Wasser) sein. De facto gibt es in Mitteleuropa keine heimischen Arten die Hitze als Induktor benötigen. Wo sollen die denn auch wachsen?

Weiterhin gibt es Pionierpflanzen, die nach einem Waldbrand die ökologische Nische als Erstes besetzen. Die gibt es auch bei uns, aber nicht weil sich irgendeine Art darauf spezialisiert hat (die wäre wohl mittlerweile ausgestorben), sondern schlicht weil eben irgendjemand anfangen muss. ;-) Ohne es getestet zu haben vermute ich, dass das die Pflanzen sind, die robust im Boden überdauern können. Quecke wäre z.B. ein Favorit. Dieses Süßgras bildet lange Rhizome ("Wurzeln") und ein verbleibendes Teilstück bildet aus der Wurzel heraus eine neue Pflanze. Die hätten also ganz klar einen Vorsprung gegenüber anderen Pflanzen, Hobbygärtner kennen die Probleme mit Quecke. Gleiches gilt für den Ackerschachtelhalm. Dann besiedeln je nach Ort vermutlich die selben Pflanzen die Nische, die das auch bei einem frisch gepflügten Acker tun würden. Vorzugsweise alles, was Stickstoff (aus der Asche!) verträgt. Zweites Stadium wäre die Verbuschung, auch hier hätten wieder die schnell wachsenden Arten einen Heimvorteil (Haselnuss, Schwarzdorn).

Diese Pflanzen sind aber nicht auf diese ökologische Nische angewiesen, sie nutzen sie einfach, könnten aber auch ohne sie überleben (sonst wären sie in D ausgestorben!). Auch bei den Tieren gibt es keine mitteleuropäische Spezies, die in dieser Nische existiert. Grund: siehe oben.

Es gibt also in D keinen ökologischen Grund Wald brennen zu lassen. Waldbrand erhält keine Arten, weder Fauna noch Flora!

Betrachtet man die mitteleuropäische Kulturlandschaft, so wird man schnell feststellen, dass es in Deutschland bis auf ganz wenige Ausnahmen keine (!!!) Natur mehr gibt. Spontan fällt mir das Wattenmeer und die Hochalpen (ohne Alpen/Almen!) ein. Auf die Gesamtfläche bezogen dürfte die Natur in Deutschland einen Anteil von deutlich unter einem Prozent haben. Alles andere ist vom Menschen geschaffener Lebensraum. Auch Naturschutzgebiete. Da können die grünen Ultras jetzt mit den Zähnen klappern, aber das ist schlicht so. Punktum. Wir haben in Deutschland keine Naturlandschaft, sondern eine Kulturlandschaft. Zwei völlig verschiedene Lebensräume. Eine Naturlandschaft ist ein eingependeltes Gesamtsystem, dass sich ohne die Eingriffe des Menschen dauerhaft selbst erhalten kann und auch einen Waldbrand oder andere Vorkommnisse selbst verkraften kann und nach einem solchen Vorkommnis ohne Eingriff wieder in den Ursprungszustand zurückkehrt. Ich spreche in diesem Zusammenhang absichtlich von "Vorkommnis" und nicht von "Katastrophe". In einer Naturlandschaft ist eine Überschwemmung ein Vorkommnis - erst das Vorhandensein eines Kellers, in den das Wasser laufen kann macht aus dem Vorkommnis eine Katastrophe.

Im Gegensatz dazu ist eine Kulturlandschaft ein vom Menschen hergestelltes Gleichgewicht, in dem sich auch ein Ökosystem entwickeln kann. Würde der Mensch dort nicht eingreifen würde es allerdings aus dem Gleichgewicht geraten. Alltägliche Eingriffe sind z.B. die Kontrolle des Artenbestandes durch Bejagung, Straßenverkehr und die Forst- und Landwirtschaft. Wenn man den Unterschied zwischen beiden Ökosystemen verstanden hat wird man auch die oben getätigte Aussage, "man dürfe in Naturschutzgebieten nicht löschen" als Schwachsinn entlarven können. Man schafft eine Ökologische Nische, die keiner Tierart / Pflanzenart explizit nutzt und nimmt dafür die lokale Ausrottung ganzer Populationen billigend in Kauf. Aus ökologischer Sicht ist das hanebüchener Unsinn, auch wenn ich nach Kenntnis mancher im Berufsnaturschutz tätigen Personennicht ausschließen will, dass man das irgendwo in Deutschland so umgesetzt hat. Auch unter Naturschützern und in der Legislative gibt es genügend Menschen, die den Unterschied zwischen Natur- und Kulturlandschaft nicht verstanden haben.

Soweit mal zur Ökologischen Seite, kommen wir zur wirtschaftlichen Seite. Wenn es sich nicht gerade um einen unter naturschutz stehenden Wald mit Entnahmeverbot handelt, dann verbrennt ein Waldbrand grundsätzlich auch Geld. Abhängig vom Bewuchs auch sehr viel Geld. Wald ist ein relativ nieder verzinstes Investitionsgut (wegen langsamem Wachstum), dafür ist der Kapitalbedarf gering. Wenn ich einmal Wald besitze kann ich mit ganz geringem Kapitaleinsatz einen sicheren Gewinn erwirtschaften. Ein Wald ist damit vergleichbar mit dem Sparbuch im Bankwesen. Buchenwald z.B., den mein Vater gepflanzt hat muss ich pflegen, damit ihn mein Sohn ernten kann. Ein Waldbrand in diesen 100 - 150 Jahren mit Komplettverlust hätte eine entsprechend niedrigere Verzinsung des eingesetzten Kapitals (V.a. der Arbeitskraft) zur Folge. Auch deshalb ist ein Eingreifen des Menschen erforderlich, im Hinblick auf steigende Hozpreise wäre ich nicht sehr amüsiert über eine vermeintlich ökologisch korrekte Abfackelung eines 25 Jahre alten Jungbuchenbestands...

Fazit: in Deutschland sollten meines Erachtens nach Waldbrände grundsätzlich gelöscht werden, gegenteilige Behauptungen erschließen sich mir nicht, ich kann aber gerne am Montag nochmal meinen Forst-Ing. fragen.

Gruß,
Markus


Aus meiner Sicht könnte es dem Einen oder Anderen nicht schaden dass man ihm sagt dass er schlicht und einfach dumm ist, statt ihn bloß nicht auszugrenzen.

J. Mäschle, Forums-Philosoph

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