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Technische Hilfeleistung
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RubrikÜbung zurück
ThemaRescue Challenge 2012 Pfaffenweiler2 Beiträge
AutorChri8sti8an 8F., Wernau / Baden-Württemberg729565
Datum02.07.2012 17:58      MSG-Nr: [ 729565 ]1814 x gelesen

Hallo Michelle

Nachdem ich da das ganze Wochenende als Schiedsrichter vor Ort war kann ich vielleicht das eine oder andere erhellende beitragen ;-)



Geschrieben von Michelle M.Wir hatten mit ein paar Teams Kontakt und hatten den Eindruck das es eine große Differenz zwischen Bewertung und Platzierung gibt.

Das mag immer so sein. Man muß dazu sagen, dass ausnahmslos alle Mannschaften auf einem sehr, sehr hohen Niveau arbeiten. Ein Niveau, von dem Einsatzdeutschland i.d.R. weit entfernt ist...
d.h. die Unterschiede die die Wertung ausmachen sind oftmals eher im Detail das von außen nicht immer sichtbar ist.

Du wirst keine Teams finden, die mit Vorgehensweise wie Einrammen des Spreizers in die Tür Dinge tun, die Du aus 5-10m Entfernung im Zuschauerbereich problemlos erkennst. Dafür sind die alle viel zu gut.


Geschrieben von Michelle M.Es gab Teams die hatten eine große Hektik verbreitet.

Stimmt. Es gibt Unterschiede je nach Charakter der Mannschaften. Wenn man aber den Zeitansatz von 10 oder 20 Minuten (je nach Szenario) für das komplette Thema Erkundung, Sicherung des Fahrzeugs, medizinische Erstversorgung, Zugangsöffnung für die Versorgung, weitergehende medizinische Untersuchung und Versorgung, Befreiung und Entnahme aus dem Fahrzeug sieht, dann bleibt da nicht viel Zeit.
Und das mit echt verformten Fahrzeugen, einem Verletztendarsteller der auch die medizinische Lage einspielt,...

Da wird es je nach Vorgehensweise knapp. Aber wir als Wertung können i.d.R. ganz gut erkennen, ob etwas ziellose (und teilweise gefährliche) Hektik oder entsprechende zielgerichtete Dynamik ist.


Geschrieben von Michelle M.Es wurde sich sehr aggressiv und laut verständigt.

Wenn dadurch sicher gestellt wird, dass alle alle Informationen zeitnah und vollständig mitbekommen ist das in Ordnung. Auch hier gilt. Wir erkennen, ob da (sinnlos) laut geredet wird oder ob hier einfach so kommuniziert wird, dass wichtige Informationen bei allen Einsatzkräften am und im Fahrzeug ankommen (und das auch ggf. bestätigt wird). Und natürlich gibt es auch den Weg, das alles leiser zu kommunizieren. Dann muß der Gruppenführer ggf. eben von Einsatzkraft zu Einatzkraft gehen und diese Infos überbringen. Auch dieser Weg geht.

Es gibt Mannschaften, da würde ein Gruppenführer der laut anfängt zu rufen für Verunsicherung sorgen, weil die Mannschaft dann denkt/ merkt "hoppla, jetzt wird er hektisch, irgend was paßt nicht".
Dafür gibt es andere Mannschaften die sagen klar "solange ich ihn höre weiß ich: Alles wird gut. Ich mache mir sorgen, wenn ich ihn längere Zeit nicht mehr höre, weil dann läuft wohl was nicht so gut".

Und wenn es dazu dient, die goldene Stunde des Schocks einzuhalten, dann darf es auch mal etwas lauter werden. Wie gesagt. Es muß dazu dienen!


Geschrieben von Michelle M.Andere Teams hatten es nicht geschafft in den vorgegebenen Zeiten die Verletzten aus den Fahrzeugen zu befreien.

Was an sich kein Makel ist. Es gibt bei uns keine Extrapunkte für die erfolgreiche Rettung in der vorgegebenen Zeit und keinen ausdrücklichen Abzug für Zeitüberschreitung. Sondern wir bewerten was ggf. zu dieser Zeitüberschreitung geführt hat. War die Erkundung und Planung des Gruppenführers so vollständig, dass er einen Plan hatte der die Rettung realistischerweise ermöglicht hat? Hatte er einen umsetzbaren Reserveplan wenn der erste nicht funktioniert und wurde der ggf. bei Lageänderung auch umgesetzt? War der Geräteeinsatz durch die Mannschaft nicht effektiv oder nicht effizient und kam es dadurch zu Zeitverzögerungen?

Denn es muß ja einen Grund geben, warum die Zeit nicht gereicht hat. Alle Lagen sind so gewählt, dass eine erfolgreiche Befreiuung grundsätzlich möglich ist. Und die meisten Mannschaften haben es geschafft bzw. waren (zumindest bei dem von mir betreuten Szenario "Standard" so nah dran, dass ggf. nur noch die Entnahme des Spineboards aus dem Fahrzeug gefehlt hat.

Denn eines wollen wir nicht: Dass die Sicherheit der Mannschaft und des Patienten der Einhaltung des Zeitlimits untergeordnet wird. Also keine "Rupfrettung".


Die Kunst liegt darin, die Lage zu erkunden, einen Plan zu fassen und den nicht nur allgemein im Kopf zu haben, sondern die Arbeitsschritte immer schon zwei weitere voraus zu planen, damit kein Leerlauf entsteht und möglichst auch parallel gearbeitet werden kann. Es wird immer dann knapp, wenn Arbeiten nur nacheinander geplant und ausgeführt werden und die "Prozesse" die dahinter stehen nicht optimal laufen. Oder wenn probiert wird nach dem Motto "jetzt machen wir mal das, und dann sehen wir weiter".

Kleines Beispiel. Wenn ich das Schneidgerät einsetzen will um das Dach abzunehmen dann weiß ich, dass ich dazu noch einen harten Patientenschutz brauche um schneiden zu "dürfen" und danach jede Menge Abdeckmaterial für abgeschnittene Säulen.

Wenn ich das alles nacheinander hole wenn ich es immer erst merke dass es jetzt fehlt nach dem Motto "ups, da war noch was" kostet mich das ~ 1 Minute. Wenn die Einsatzkraft die das Schneidgerät holt weiß dass das Dach abgenommen werden soll (= durch den Gruppenführer gut kommuniziert) gleich daran denkt (oder es ihm durch den Gruppenführer mit befohlen wird) auch Patientenschutz und Abdeckung mitzubringen, dann spare ich diese Zeit. Und so etwas sehen wir und werten es.



Geschrieben von Michelle M. Doch wie wir gesehen haben sind die Plätze nicht so verteilt hatten wir wir vermutet hatten.

Das kommt darauf an, wie Ihr vermutet ;-)
Wenn Ihr vermutet, dass jemand der die Rettung nicht erfolgreich abschließt nicht mehr vorne dabei sein kann ist die Vermutung falsch. Denn das zählt nur mittelbar über alles das was vorher passiert ist. s.o.



Geschrieben von Michelle M.Da wir evtl. auch mal teilnehmen möchten überlegen wir uns wie sinnvoll das ist und ob das auch korrekt bewertet wird, wenn schon Plätze vergeben werden?

Definiere "korrekt bewertet". Wir haben keinen Fehlerkatalog wie beim Leistungsabzeichen wo Du weißt "Handlampe nicht durch Truppführer getragen = 1 Fehlerpunkt". Und es ist oft so, dass die Mannschaften im Rahmen der Nachbesprechung selbst sehr gut wissen, was gut gelaufen ist und wo die Probleme waren. Diese Nachbesprechung ist auch mit das wertvollste an diesen Tagen, denn hier bekommen sie eine "Außensicht" ihres Tuns, bekommen Tips,...

Und wichtig ist auch: Es gibt bei uns für keine Lage eine Musterlösung. Wir stellen nur sicher, dass jede Lage mindestens einen Plan A und einen Plan B ermöglicht. Wenn die Mannschaften noch ganz andere Möglichkeiten finden, dann wunderbar. Man kann auch sagen: "Wer rettet hat recht" (unter Berücksichtigung der Sicherheit natürlich).


Geschrieben von Michelle M. Eigentlich finden wir das eher nicht so spannend um Platzierungen zu kämpfen.

Das ist auch nur ein Nebeneffekt. Und die wenigsten Teams kommen hin und sagen "ich muß aber erster werden".
Natürlich freut sich jeder, wenn er (besonders) gut war.

Aber einer der Effekte ist, dass sich jemand überhaupt erst mal mit dem Thema Unfallrettung intensiver beschäftigt. Sich überlegt, was er bisher macht, ob man da was verbessern kann, Abläufe optimieren kann. Auch Anhand des Besuchs solcher Veranstaltungen.

Der weitere Effekt ist: Man fängt zu üben. Und zwar intensiv. Wenn die Mannschaft in Vorbereitung auf einen solchen Termin an x Tagen verschiedene Stabilsierungsmöglichkeiten für verschiedene Lagen übt und dazu noch X Übungen mit Zerlegen des Fahrzeugs laufen läßt, dann übt sie vermutlich mehr THL VU als manch anderer Feuerwehrmann in seinem ganzen Leben.

Ein weiterer Effekt ist dass hier die Verknüpfung technische Rettung und medizinische Rettung Hand in Hand geübt werden muß. Denn es werden Gruppenführer, Innerer Retter (= "Sani") und Mannschaft getrennt bewertet. Jeder trägt seinen Teil dazu bei. Nur wenn alle drei Elemente reibungsfrei zusammenspielen kann die Gesamtleistung auch passen.

Und dann ist (s.o.) mit das wichtigste die ehrliche Kritik bei der Nachbesprechung. Nicht das übliche Hauptübungsgesülze nach dem Motto "die Übung hat im großen und ganzen gut geklappt". Sondern klare Aussagen von Leuten, die schon das eine oder andere Szenario gesehen haben. Und die einfach Denkanstöße geben. Denn oftmals sind es Kleinigkeiten. Wobei (s.o.) die meisten Teams selbst danach ganz gut wissen was gut und was weniger gut war.


Geschrieben von Michelle M.Doch wenn ergab sich uns nicht der Sinn wer dort gut war und wer nicht.

Die Wertung für Gruppenführer, Innerer Retter und Mannschaft bestehen jeweils aus ~ 30 einzelnen Kriterien die alle gleich gewichtet sind. In sofern gibt es ganz viele Möglichkeiten, wo die Unterschiede waren. Und wie eingangs geschrieben. Wir reden von Unterschieden die i.d.R. auf einem sehr, sehr hohen Niveau stattfinden.


Geschrieben von Michelle M.Wir hatten gedacht das andere Teams einen besseren Job gemacht hatten.

s.o. Es kommt darauf an, was Ihr Euch vorstellt. Wir werten übrigens nie vergleichend. Also nicht nach dem Motto "die vorher waren aber dabei besser, da habe ich dafür 8 Punkte gegeben, dann darf der da aber nur 7 bekommen". Ich weiß oftmals schon beim nächsten Szenario nicht mehr, was wir davor gehabt haben... Sondern jede Leistung wird anhand dessen bewertet was wir sehen, hören, fühlen (weil der "Patient" im Fahrzeug ist auch Schiedsrichter).


Sollten noch Fragen sein, nur her damit. Wir freuen uns immer über Interesse an der Veranstaltung ;-)

Und wie Ihr sicherlich gesehen habt, hatten die Mannschaften eine Menge Spaß dabei...

Dieser Beitrag gibt ausschließlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder!

Christian Fischer
Wernau

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 02.07.2012 16:48 Mich7ell7e M7., Neuhausen
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