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DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Rubrikvorbeug. Brandschutz zurück
ThemaBrände in Treppenräumen war: Feuer in Flüchtlingsunterkunft in Hamburg6 Beiträge
AutorMatt8hia8s M8., Berlin / Berlin783060
Datum11.02.2014 13:26      MSG-Nr: [ 783060 ]2469 x gelesen
Infos:
  • 11.02.14 11 Kinderwagen brannten in den letzten drei Monaten
  • 10.02.14 Richtiges Verhalten im Brandfall: Feuer im Treppenhaus
  • 10.02.14 Eine kleine Argumentationshilfe fur die Brandschutzaufklärung: Verbrennungsdynamik, Rauchgastoxizität und ihre Folgen

  • Hallo Ralf,

    da ich die Details des Brandes in Hamburg nicht kenne, werde ich auch keine Mutmaßungen zu diesem Brandereignis abgeben.

    Klaus hat zu Deiner Frage ja schon ausführlich Stellung bezogen. Ich möchte das aus einer etwas anderen Perspektive tun und muss ich ein wenig ausholen.

    Das von Dir referenzierte deutsche System beruht im Bestand der normalen Wohngebäude im Wesentlichen auf der DIN 4102. Sie wurde ganz wesentlich durch die Erfahrungen mit den Stadtbränden des zweiten Weltkrieges geprägt. In dieser Thematik besser bewanderte Foristen mögen mich korrigieren, aber das primäre Schutzziel dieses darauf aufbauenden Brandschutzes war/ist die Verhinderung der Brandausbreitung durch Abschottung. Durch die Definition von verschiedenen zeitlichen Schutzzielen (z.B. 30, 60 und 90 min Feuerwiderstand) soll gewährleistet werden, dass Menschen aus benachbarten Wohnungen bzw. Wohngebäuden in Sicherheit gebracht bzw. gerettet werden und effektive Brandbekämpfungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Wenn es sehr gut läuft, bleibt die Nachbarwohnung unbeschädigt.

    Wesentliches Kriterium dieses Brandschutzkonzeptes ist die Temperatur.

    Seit einiger Zeit haben wir aber ein weiteres Problem, das ist der Brandrauch. Zum Vergleich ein paar Werte aus dem Bauphysikkalender 2011. Bei gut ventilierter Verbrennung entstehen

    pro g Kiefernholz etwa 1,33 g CO2 und 0,005 g CO
    pro g Polyethylen etwa 2,76 g CO2 und 0,024 g CO

    Auch wenn man diese Werte nicht auf die Goldwaage legen sollte, wir wollen sie mal für eine erste Relation heranziehen. Die CO2-Bildung verdoppelt sich, die CO-Bildung verfünffacht sich sogar.

    Bei der freigesetzten Energie sieht es ähnlich aus: Kiefernholz 17,9 MJ/kg zu Polyethylen 43,6 MJ/kg

    Das heisst, sowohl die Bildungsrate toxischer Stoffe, als auch die freigesetzte Energie ist bei den "modernen" Materialien größer. Wie in dem verlinkten Artikel beschrieben, entsteht so eine Kaskade und viel Auftrieb.

    Um die erste Frage zu beantworten: Ich halte einen brennenden Kinderwagen (also Schaumstoffe, Seide, Kunststoffe ...) in einem Treppenraum für eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen, die sich in diesem Treppenraum aufhalten.

    Deine zweite Frage ist ja vielmehr eine Wertung des deutschen Sicherheitssystems und eine Feststellung, dass Du vermutest das mehrere Fehler zusammenwirken.
    Für mich ist es zunächst uninteressant, ob wir das beste oder zweitbeste System im Brandschutz haben. Viel wichtiger ist mir, ob das Gesamtsystem (Technik + Mensch) mit den sich bei uns wandelnden Anforderungen zurecht kommt. Soweit ich das in den Medien verfolgen kann, funktioniert das Ziel der Abschottung. Die Gebäude brennen in der Regel nicht komplett ab, die Nachbarwohnungen bleiben erhalten.

    Unser neues Problem scheint zu sein, dass sich Brände viel schneller entwickeln und dabei schon sehr kleine Brände sehr schnell irrsinnge Temperaturen und Rauchgaskonzentrationen entstehen lassen. Gleichzeitig beobachten wir eine Veränderung im Umgang mit älteren Verhaltensnormen, die sich auf die Brandsicherheit nicht positiv auswirkt. Die veränderte Branddynamik verzeiht jedoch noch viel weniger Fehler im menschlichen Verhalten. Die Medienberichte zeigen, Menschen kommen zu Schaden, wenn sie in einen verrauchten Treppenraum laufen. Also das vorhandene Abschottungsprinzip nicht nutzen.

    Insofern ja, es kommen mehrere Umstände zusammen. Den Juristen interessiert das vielleicht für die Schuldfrage, den Brandschutzsachverständigen für die Beurteilung des technischen oder gesetzlichen Systems.
    Mein Ansatz ist aber ein ganz anderer: Was hilft den Menschen jetzt?

    Meine persönliche Schlußfolgerung ist, ich kann durch Aufklärung dazu beitragen sich im Brandfall möglichst so zu Verhalten, dass die Überlebenschancen besser sind. Das hat zwei Vorteile. Erstens informierte Menschen wissen warum sie etwas tun und haben die Chance dieses Wissen auch auf ähnliche Situationen zu übertragen und weiterzugeben, zweitens ich kann relativ schnell und mit meinen begrenzten Möglichkeiten dazu beitragen.

    Gruß
    Matthias

    P.S.: Wer am 10. Mai in Berlin ist, kann gerne bei unserem Aktionsstand bei der Langen Nacht der Wissenschaften an der Freien Universität Berlin vorbei kommen.
    Nähere Informationen hier http://inuri.de/lndw

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