Geschrieben von Volker L.Die Realität zeigt uns aber sehr oft LKW-Fahrer in Badeschlappen, kurzer Hose und Schießer-Feinripp-Unterhemd. (Siehe LKW-Parkplatz)..meine Erwartungshaltung zum Theme Entstehungsbrandbekämpfung ist da nicht hoch.
Erst einmal: Du siehst diese LKW-Fahrer überhaupt nicht, zumindest nicht am Wochenende. Sie müssen eine Unterkunft haben am Wochenende, also kannst Du sie nicht sehen.
Deutschland ist ein zivilisierter Rechtsstaat, in dem es keine rechtsfreien Räume geben darf. Es ist daher völlig undenkbar, daß deutsche Politiker und die deutsche Polizei die Situation der ärmsten Schweine in der Lieferkette komplett ignorieren und sich faktisch weigern, gültige Rechtsnormen auch durchzusetzen.
(BTW: In Belgien oder Frankreich kommt es übrigens häufiger mal vor, daß dieses Recht auch wirklich durchgesetzt wird. In Deutschland muß man dafür wohl einen Mindestkontostand haben.)
Ein beträchtlicher Teil dieser LKW-Fahrer, deren Feinripp-Unterhemd selbstverständlich nicht von Schiesser ist, weil sie sich das nicht leisten können, gehört einer in Deutschland bereits weitestgehend ausgestorbenen Kraftfahrerkultur an.
Vor anderthalb Jahren begab es sich, daß ich mich ein wenig dumm anstellte. Ich mußte mal dringend und hielt meinen 15-Tonner am brandenburgischen Straßenrand an. Der Rand war dicht bewachsen und machte, oberflächlich gesehen, einen verfestigten Eindruck. War aber leider nur Brandenburger Sand mit einem Zentimeter Humus obendrauf.
Es gab Zeiten, als auch Liefer-LKW häufig über eine Differentialsperre verfügten. Damit wäre ich höchstvermutlich rausgekommen. Mittlerweile stattet Daimler den Atego stattdessen mit einer hochmodernen elektronischen Antriebssteuerung aus. Außerdem hängen die Anlenkungen der luftgefederten Hinterachse so dicht über dem Boden, daß man sich nur wenige Zentimeter weit eingraben muß, damit das Auto sich auf dem Boden abzustützen beginnt und der Fahrer voll verloren hat.
Schaufeln gibt es auf modernen KfZ nicht, doch wenige hundert Meter entfernt konnte ich eine ausleihen. Lange bevor ein alarmierter Kollege auftauchte, hielt ein abgegammelter Brandenburger Gullysaugwagen an. Der Fahrer konnte nur wenige Wörter Deutsch, verstand die Situation aber vollständig ohne jede Erklärung. Abschleppstange hatten weder er noch ich, doch als ich zwei Gurte rausholte, hellte sich sein Gesicht blitzartig auf, und ich konnte nur noch staunen, mit welcher Geschwindigkeit meine Traverse (Anhängerkupplung hatte ich nicht) an seinem LKW hing. Da ich bereits viel geschaufelt hatte, stand mein LKW drei Minuten nach seinem Auftauchen gleich im ersten Versuch wieder auf der Straße.
Auch dieser Kollege hätte Dir äußerlich mißfallen, zeigte aber deutlich, wie wenig es darauf ankommt, wenn praktische Probleme gelöst werden müssen.
Nun ist es keineswegs so, daß jeder osteuropäische Fahrer für seine Tätigkeit besonders qualifiziert ist. (Kann man auch schwer verlangen, wenn man ihn bezahlt wie einen deutschen Regaleinräumer.) Mir ist aber kein Hinweis bekannt, der darauf hindeutete, daß die Leute weniger qualifiziert sind im Durchschnitt.
Sie hinterlassen bloß mehr Müll. (Aber dieses Problem wird dann ja gleich miterledigt, wenn sich deutsche Politiker und deutsche Polizei irgendwann entschließen, dem Rechtsstaat zum Durchbruch und diesen Fahrern zu einer menschenwürdigen Wochenendunterbringung zu verhelfen.)
Hans-Joachim
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