Ich hatte ja bisher gedacht, für die Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen brauchen wir v.a. mal ne neue (= andersdenkende) Bevölkerung. Dann (daraus resultierend?) eine neue (= andersdenkende) Politik mit dem Ziel, gerade auch beim KatS etwas mehr auf die Vorbeugung zu setzen, und nicht immer erst dann mit Geld und Schuldvorwürfen um sich zu schmeißen wenn was schon passiert ist. So'n Zeug halt. Vielleicht noch so Dinge beachten wie Prioritäten, Zusammenhänge, vielleicht etwas mehr Handeln als Dauerplanen und Herumbürokratisieren...
Aber falsch gedacht.
Anscheinend braucht man eher ein Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen (S. 86), ein Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung, eine geschlechtergerechte, inklusive risikoinformierte städtische Entwicklung in Afrika (S. 111), die Verbesserung der Zukunftsperspektiven und Resilienz von Flüchtlingen aus Myanmar (S. 114), die Förderung klimaresilienter Gemeinden in den Distrikten Dailekh und Surkhet der Karnali-Provinz in Nepal (S. 115), Klimakompetenzzentren in Süd- und Westafrika (S. 119) oder die Verbesserung der Ernährungssicherung zur Stärkung der Resilienz im Jemen (S. 121).
Wichtig sind natürlich auch so Dinge wie die Umsetzung des Bundesprogramms Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur (S. 66) oder die Umsetzung von katastrophenbedingten Ausnahmen von Melde- und Mitwirkungspflichten im Kontext von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld, Bürgergeld oder Sozialhilfe (S. 72).
Das ganze Ding wirkt, als hätten die Ressorts sich gedacht "Lass mal schauen, was wir eh die ganze Zeit so treiben, dann melden wir das einfach als Resilienzgedöns und fertig". Punkte wie "Beschaffung von Einsatzfahrzeugen" (S. 80) wirken da schon beinahe versehentlich mit reingerutscht. Aber das wird sicher spätestens bei der Haushaltsberatung korrigiert.
Vielleicht wären manche Dinge auch irgendwie einfacher, wenn Deutschland mal weniger Deutschzeug tun würde. Die Betreuungsreserve des Bundes für den Zivilschutz soll bis 2027 abgeschlossen sein. Fein, läuft ja erst seit 2020, um hier Bundesbetreuungspotential in homöopathischen Dosen zu generieren. Geträumt war mal von 2024 als Ende? Naja. Die Interministerielle Arbeitsgruppe, die Arbeitsgruppe von Bundesbehörden und mandatierten Institutionen und - neu - der Umsetzungsbeirat werden das sicher im strukturierten Dialog aufarbeiten, wieso da plötzlich ne Handvoll mehr Kalender an der Wand hängen.
Ein jahrelanges FörderForschungsprojekt zur "Entwicklung eines Sozialkapital-Radars für den sozialraumorientierten Bevölkerungsschutz" gipfelt in einem Leitfaden, der es Kommunen zukünftig ermöglichen soll, mit den eigenen Ressourcen eine vergleichbare Applikation zu erstellen, um zur Verbesserung des lokalen Krisenmanagements beizutragen. Aha. Der Bürgermeister, der seine Bevölkerung als sein Sozialkapital bezeichnet, kann ja notfalls in die Karnali-Provinz auswandern, und dort das Klima retten.
Ob gerade irgendeine andere Nation meint, mit solchen Kinkerlitzchen würde man den Katastrophenschutz und die Resilienz von Bevölkerung und/oder Staat effektiv verbessern? Ich habe da meine Zweifel. Was vielleicht eher hilft, wäre ein neuartiges Fernsehduell: Günter Jauch fragt Nancy Faeser die Abkürzungen aus diesem Umsetzungsplan ab. Mit jeder falschen Antwort wird die Legislaturperiode um anderthalb Tage verkürzt, Gottschalk/Schöneberger/Pocher bilden den Umsetzungsbeirat, und welcher Anrufer am besten eine Sirene immitiert, gewinnt ein E-Auto.
In jeder Werbepause werden sich wieder ein paar mehr Zuschauer ihre Gedanken machen, wie sie ihre eigene Resilienz stärken können. Das Konzept bringt unterm Strich wohl allen mehr, wie dieser sog. Umsetzungsplan.
"Experten sind Leute, die 99 Liebesstellungen kennen, aber kein einziges Mädchen"
(Didi Hallervorden)
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