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Blog von

Klaus Bethge, Isernhagen

"sechs mal Afrika und zurück.."02.04.09 18:23



„Sechs mal Afrika und zurück“
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geneigte Leserin , geschätzter Leser,
dieses ist die Geschichte von Kollegen, die ihre Feuer unter Bedingungen bekämpfen, welche für uns unvorstellbar sind.

Sie ist geschrieben für alle diejenigen, die sich ein mitleidiges Herz bewahrten, die nicht einfach wegschauen wollen, wenn sie an die Not Anderer denken.
Das Elend, welches der tägliche Begleiter ist in der Dritten Welt.

Ich bin ein jetzt pensionierter Hauptbrandmeister der Berufsfeuerwehr Hannover, eine Feuerwehr, die im Ruf steht, sehr viel für die Dritte Welt getan zu haben.

Insgesamt 20 Jahre immer und immer wieder bildete ich ausländische Kollegen in Hannover und vor Ort in den Ländern aus.
Erst Senegal, dann als Rettungsassistent in Bagdad, wo ich für den „Roten Halbmond“ arbeitete – und insbesondere in Malawi, fünf Mal insgesamt.
Zusätzlich einen Ausbildungsgang für Kollegen aus Lesotho, der aber nur in Hannover statt fand.

Malawi – das wird das Thema sein, welches exemplarisch die Probleme eines solchen Unternehmens zeigt:
Die Großstadt Blantyre ist eine Partnerstadt Hannovers, ungefähr eine Million Einwohner (das weiß keiner so genau) und das industrielle Zentrum dieses Landes.
Nicht die Hauptstadt, das wäre Lilongwe, eine Kunststadt genau in der Mitte des Landes.

Wo liegt Malawi?
Einmal Madagaskar suchen, dann mit dem Fingern nach Westen, bis wir zu dem letzten der Seen des afrikanischen Tiefgrabens kommen.
Dort, vom Süden und Osten von Mozambique eingebettet, nach oben durch Tansania begrenzt und im Nordwesten Sambia, da finden wir das „Warme Herz von Afrika“

Neun lange Monate musste ich den damaligen Chef der Berufsfeuerwehr Blantyre - es war Ende der achtziger Jahre – in Hannover begleiten und weiter bilden – und mir wurde sehr schnell klar, dass das gar nichts brachte.

Er nimmt Dinge mit nach Hause, die er dort gar nicht gebrauchen und vor Allem nicht weiter geben konnte.
Ganz deutlich wurde mir dieses bewusst, als ich, Jahre später, zwei Malawi in Hannover hatte, mit ihnen zu einem Großfeuer bei der bekannten Batteriefabrik „VARTA“ fuhr und ihnen zeigte, was wir auf die Beine stellen können, wenn es sein muss.

Mir war ihre Traurigkeit nur zu bewusst, wenn sie sahen, dass wir konsequent angestochene aber nicht genutzte Infusionen entsorgten – und sie hatten nichts desgleichen.
Manche Nacht lag ich wach und fragte, ob ich überhaupt das Richtige mache, denen solche Technik zu zeigen?

Es gab nur die Entscheidung „richtig“ oder „falsch“, immer mit der Vision auf Besserung.
Ich musste hin, das stand fest.
Also fragte ich die Stadtverwaltung, ob ich nicht einen Urlaub opfern könne, Flug bezahlt durch die Stadtverwaltung und Unterkunft durch die Stadt Blantyre?

Meine selbstgewählte Aufgabe sollte ein „Erster Hilfe-Lehrgang“ sein, denn ich hatte erfahren, dass da überhaupt nichts gelehrt wurde.

Alles, was ich dann sah war weitaus schlimmer, als mein ärgster Alptraum.
Die Anwärter arbeiteten in ihren privaten Sachen (und hatten oftmals nur ein Oberhemd), zwei englische TLF und eine Uralt-DL am Ende des Lebens, kein Verbandszeug, keine Schienen oder was auch immer.

Ich fing an mit dem, was ich mir selber basteln konnte (Schienen können durch Bretter ersetzt werden, Dreiecktücher hatte ich in weiser Voraussicht mitgebracht, desgleichen einige Binden, mit denen ich üben konnte.)

In Deutschland hatte ich mir ein wunderschönes Unterrichtskonzept erstellt, lernte eine in Hannover ausgebildete Krankenschwester kennen, die erst mal leicht amüsiert anfragte, ob ich das denn wirklich so lehren wolle??
„Natürlich“

Es wurde ein Flopp, alleine die diversen Schockarten zu erklären war schlicht unmöglich, da keine, aber auch keinerlei Vorbildung vorhanden war.

Also viel Praxis mit allernotwendigster Theorie.
Hier hatte ich Rückhalt durch einen „Medical Assistant“, etwas, was zwischen einem Arzt und einem Rettungsassistenten lag und der seine „fellow countrymen“ auch schon mal aufmischte, wenn sie nicht wollten.

Wieder in Hannover schrieb ich einen sehr drastischen Bericht und forderte weitere praktische Hilfe für unsere Partnerwehr ein.
In der Folgezeit machte ich mich mehr als unbeliebt: Ich bettelte um Fahrzeuge und Gerät. Schmiss man mich vorne raus, dann mussten die auch die Fenster schließen, weil ich sonst sofort durch selbige wieder hinein kletterte.

Dieses Alles fand 1990 statt, in der Folge gelang es mir, folgende Fahrzeuge zu „erbetteln“
Einen KTW,
einen RTW
einTroTLF
ein TLF aus DDR-Produktion von der BF Berlin
einen Rüstwagen Typ 2
zehn PA aus DDR-Produktion gespendet von der BF Leipzig
einen Kompressor aus Leipzig,
eine TS 8/8 und diverse Geräte, Schreibmaschinen und Anderes
sowie Uniformen und Schuhe (die prompt beim Zoll „resozialisiert“ wurden)

Hier muss die Frage gestellt werden: Warum bekommen die das nicht selber in den Griff?
Malawi ist eines der ärmsten Länder dieser Welt, keine nennenswerten Bodenschätze, Kaffee, Tabak, damals Haupteinnahmequelle, Tee und das war es.
Gibt es eine große Trockenheit (oh ja, ich habe die Menschen verhungern gesehen!) oder eine große Regenflut, dann sind diese Dinge am Boden und die Afrikaner sterben zu Tausenden.

Aus mir nicht verständlichen Gründen spielte der Tourismus in diesem traumhaft schönen Land keine Rolle, etwas, was sich derzeitig gründlich ändert.
(Und an dem ich meinen Teil habe, der Botschafter Malawi’s schickte mich zur Vorbesprechung zu einem sehr großen deutschen Reiseunternehmen, um sein Land vorzustellen. Hat lange gedauert, aber...)

Industrie in Blantyre war billige Textilien, Plastikprodukte und Kleinproduktionen aller Art.

Malawi ist heute eine gute Demokratie (mit teilweise rustikalen Methoden, so kann es schon mal vorkommen, dass ein „Honorable Member of Paliament“ einen Anderen kurzerhand eines auf die Nase gibt)

Brandschutz eine Wache, die diesen Namen kaum verdient, die oben angeführten alten englischen Fahrzeuge, ein Brandschutzgesetz oder gar einen vorbeugenden Brandschutz gab es nicht.

Hier habe ich den zuständigen Minister angeschrieben und vorgeschlagen, kurzerhand das britische Gesetz über den Vorbeugenden Brandschutz einzuführen (müssen ja das Rad nicht neu erfinden)
Was man nicht für so vordringlich befand.

Es gibt keine rechtliche Handhabe, den „Baulichen Brandschutz“ in der Planung zu regeln, lediglich Richtlinien der Sachversicherer.
So habe ich es selber erlebt, dass ein Inder nachts seine Leute in der Produktionshalle einschloss, damit sie nicht gestohlenes Gut raustragen konnten.
Soviel zum Thema „Flucht- und Rettungswege“

Zurück zu den ersten drei Wochen Lehrgang, die Grundlagen waren gelegt, aber das konnte es nicht gewesen sein.
Der Stadtdirektor war ein Engländer, den man sich „ausgeborgt“ hatte, nachdem der alte Townclerk, ein Inder, mit der Stadtkasse kurzerhand in Richtung Indien verschwand.

Dieser Engländer aber war ein erfahrener Kolonialoffizier, der schon in seiner Zeit einer Art Freiwilliger Feuerwehr angehörte und die Dinge mit meinen Augen sah
Was hieß: Ich wurde jetzt offiziell angefordert.

Dieses Mal wurden es drei Monate, mich begleitete meine Frau, die als Krankschwester in der „Mutter-Kind-Fürsorge“ arbeitete.
Anmerkung: Wer länger nach Afrika geht, dem sei es dringend an das Herz gelegt, seine Frau mitzunehmen. Über die Gründe mag jeder selber spekulieren.
Und immer dran denken: “What happens in the bush must stay in the bush!“

Dieses Mal lag der Schwerpunkt auf der Brandschutzausbildung, ohne die „Erste Hilfe“ zu vernachlässigen.

Inzwischen war die Regierung auf die Geschichte, die lang und breit durch die Presse ging aufmerksam geworden, in der Mitte des Lehrganges einen Anruf vom Innenministerium: „Mr B., wir bitten Sie, noch weitere Fire Fighter aus den anderen Städten auszubilden“ Bitten! Was sollte ich machen, jetzt wurde es wirklich eng.

Dieses geschah 1991, 1992 gleiche Geschichte mit einigen Variationen:
Der Hunger war inzwischen so groß, dass für mich völlig unerwartet und nicht vorhersehbar ein Drei-Tage-Bürgerkrieg ausbrach.
Die Offiziere meiner Wehr waren ALLE nach Hause gegangen und hatten ihre Männer mit einem Oberbrandmeister zurück gelassen. Sie waren ein paar Tage später schwer beleidigt, als ich ihnen sagte: „Leute, vor noch wenigen Jahren wäret Ihr dafür in Deutschland erschossen“

Es blieb mir gar nichts anders übrig, rein in die Uniform, runter auf die Straße, wo ich sofort auf einen Schutzmann in Kampfanzug (die Armee ist in den Kasernen geblieben, weil das eine „innere Angelegenheit“ sei) traf, der erst einmal seine Maschinenpistole an sich zog.

Normalerweise hätte ich nicht einmal normalen Dienst verrichten können, es ging mir grottenschlecht, Übelkeit, Fieber, das sich „Übergeben“ war schon Routine und hätte ich noch Gliederschmerzen gehabt, dann wäre es eine Malara gewesen.

Später, bei einer G26 stellte sich heraus: Eine Hepatitis.
Da trug auch das durch die Straße wabernde Tränengas nicht zum Wohlbefinden bei.

WAS ich nicht wissen konnte: Bei solchen Geschichten brodeln die Gerüchte – und eines davon war: Südafrika hat Söldner in das Land geschickt.
Was sollte der arme Polizist denn nun denken?

Ich erklärte ihm, dass ich nur zu meiner Wache wolle..
„Sir, warten Sie hier, da kommt gleich eine Patrouille der „Mobil Task Force“ (Die Prätorianer des Präsidenten, die nicht für ihr Mitleid bekannt waren!).

Ein LKW mit 50 Leuten drauf, der Offizier springt raus und hält mir gleich die Pistole auf den Bauch: „Who are you?“ Ich erklärte es ihm und „Sir, bitte nehmen sie doch den Colt zur Seite, der macht mich nervös!“ „Ach, da bin ich sehr vorsichtig mit!“

In der Wache wurde ich johlend von meinen Leuten empfangen: „Bwana Klaus Sir, gut, dass Du da bist!“

Der Offizier zog hochbefriedigt ab, ich hatte das Gefühl, er wäre nicht froh gewesen, einen „Bösen“ zu fangen.
Das hätte nur Schreiberei verursacht..

In Ndirande, dem „SOWETO Malawis“, wie es der „Kamuzo“ (heißt übrigens wirklich „Führer“) einmal nannte tobte der Mob und hatte eine Ladenzeile mit drei Geschäften angesteckt .
.
Nur: So einfach anfahren konnten wir nicht, wir wären ja den „looter“ direkt in die Arme gefahren.

Ran an eine Polizeistation, jeder von uns einen Schutzmann mit Waffe auf den Knien – und die an der Einsatzstelle raus, auf die Knie und eine volle Salve über die Köpfe.. Heißa, was konnten die Leute plötzlich laufen, besonders, nachdem ein paar freundliche Kolbenstöße den Eifer noch verstärkte.

Wir gehen das Feuer mit einem TLF an, Wasser geht zu Ende und ich schicke das Fahrzeug los, an einem Hydranten aufzufüllen. (Da oben gab es keine!)

Jetzt begehe ich einen Fehler, den ich nur mit meiner Krankheit erklären konnte – ich schicke das Fahrzeug ohne Polizeischutz los.

Die kommen und kommen nicht wieder und mein vorherrschendes Gefühl war Panik.

Funk hatte ich mangels eines Fahrzeuges nicht, ich fordere via Polizei das zweite TLF, welches ich bewusst auf der Wache gelassen habe nach – aber meine „Pump One“ ist und bleibt verloren.

Die Polizei fährt los, es zu suchen und nach ca 45 Minuten kamen die Vermissten fröhlich lachend an.
Die hatten die normalen bekannten Hydranten nicht anfahren können, weil da der Mob tobte.

Den nächsten Tag will ich wieder los, werde aber sofort von der Polizei abgefangen.
Ich solle im Hotel bleiben. Da war wohl der Geheimdienst durch den Polizeioffizier wach gemacht und die wollten keinen toten Weißen.

Dass wir aus dem Hotelgarten flüchten mussten, weil da plötzlich verirrte Kugeln runter kamen, das sei nur der Vollständigkeit angemerkt.

1994 betreue ich in Hannover den neuen Chief Fire Officer, er geht zurück – und verstarb vier Monate später. HIV hat es geschafft.

HIV: 35 % der Leute sind infiziert, eine Gegend, die ich sehr gut kannte aus besonderen Gründen 80 %. Ganze Dörfer nur Alte und Kinder.

Es gehört hier vielleicht nicht hin, aber die Regierung macht gewaltige Anstrengungen, das in den Griff zu bekommen.
Nur: Wenn man dort AIDS wie folgt buchstabiert: „American Influence of Discouraging Sex“, dann hat man auch die Erklärung, WARUM.

Das Dramatische an AIDS ist ja, dass es die Jungen und besonders die gute Ausgebildeten trifft. Die „Intelligenz“, Lehrer, Ingenieure, Beamte und Offiziere sterben in der Blüte des Lebens, der Staat kommt mir der Nachbildung einfach nicht hinterher.

Dass es anders geht, das zeigt Uganda, wo der Präsident ganz offiziell der Krankheit den Krieg erklärt hat, Die Rate ist heute auf etwa fünf Prozent runter.

Eine traurige Geschichte, beispielhaft für die Situation: Ich halte Unterricht, als mir plötzlich ein Kollege weinend am Tisch zusammen bricht.

„Junge, was ist denn los? „ „Sir, Richard hat heute Nacht seine Frau (Mutter von drei Kindern) verloren!“
„Und warum ist er denn hier?“
„Weil er sonst keinen Lohn bekommt“
Keine Frage, dass ihn der Fahrer vom Dienst sofort heim gefahren hat – ohne Abzüge.

Was war passiert? Eine Fehlgeburt, drei von fünf Blutkonserven mit HIV verseucht – und sie verblutet auf dem Tisch!

Meine Frau und ich fliegen wieder runter, alles (dieses Mal keinen Bürgerkrieg, inzwischen hatten die eine absolut korrekt gelaufene Wahl, milchstraßenentfernt von einem Herrn Mugawe und eine parlamentarische Demokratie) wie gehabt.

Dieses Mal begleitet mich ein Kollege, der mir in Hannover unwahrscheinlich geholfen hat und hier den Part „Erste Hilfe“ übernehmen sollte.

Der Mensch dachte, doch Gott lachte – ein Feuer jagt das Nächste.

Das herausragendste Erlebnis war ein Waldbrand um den Präsidentenpalast, der auf einem hohen, felsigen und niemals aufgeräumten Waldberg lag.
Unglücklicherweise herrsche eine extreme Trockenheit, der „Shire-River“ war um ein Drittel trocken gefallen, die Generatoren des einzigen Elt-Werkes liefen nicht mehr und die Hydranten hatten bis auf einen, der durch ein Gefälle so langsam voll lief kein Wasser.

Wir waren zehn Mann, um „den Palast zu retten“, wie es später die Zeitungen und Radio Pretoria sowie Malawi Broadcast meldete.

Das stimmt so nicht, der Palast hatte festungsartige Mauern, aber dass wir sowohl das Dorf der Angestellten, die Abwasserstation und die Werkstätten außerhalb des Palastes alle haben halten können, das ist eine Leistung, für die ich heute selber keine Erklärung habe.
Eine Leistung nebenbei, die mir eine offizielle Belobigung an die Stadt Hannover durch den deutschen Botschafter einbrachte.

Dieses Mal hatte die Regierung eine neue Aufgabe für mich: Ich sollte vor hoch gestellten Offizieren und Beamten einen Vortrag halten, um einen „Katastrophenplan“ zu entwerfen.

Der Schnellangriff des TroTLF war bei einem Feuer - 70 km von unserer Wache entfernt - geborsten, mein Kumpel Carsten nahm sich der Sache an und baut das Fahrzeug komplett um- mit dem Hinweis, dass derjenige, der dort etwas „rausklaut“, sofort auf den Grill käme. (Diebstahl war eines der Hauptprobleme, sie waren so arm, dass die Stehlerei fast schon Notwehr war.)

Hierzu gleich eine Anmerkung: Es war ein Privileg, ein Feuerwehrmann zu sein, weil sie in jedem Dienst eine gute und warme Mahlzeit bekamen!

Ich erwähnte es, wir hatten einen RW 2 rüber geschafft, der sehr schön war, leider aber im Hafen von Dar-es-Salaam leer geraubt wurde.
Er stand praktisch nur rum..

Ich sitze im Büro, als ich ein fürchterliches Gepolter höre.
Runter auf dem Hof sehe ich nur noch die Türen des Fahrzeuges runter fliegen, die Seitenwände bereits halb demontiert.
„Carsten, bist DU verrückt geworden, was machst DU denn da?“
„Den baue ich zu einem TLF um!“

Mir wurde schlecht, denn dass ich das nicht einfach verantworte konnte, das war klar, ich musste jetzt ganz vorsichtig dem Townclerk, inzwischen ein Malawi (der zudem noch einem sehr kriegerischen Stamm angehörte!) klar machen.

Der machte gute Miene zum bösen Spiel, Carsten riss also den Körper ab, schweißte den Lichtmast kurzerhand an das Führerhaus, versetzte den Generator auf die Trittbretter und baute den 5000 Liter Tank eines seit Jahren zusammen gebrochenen Wassertankers auf den Rahmen.
Schläuche und Armaturen in Gitterkästen auf dem Trittbrett, hinten einen Rahmen eines alten Eisenbettes für die aufgesetzte asbach-uralte GODIVA-TS – und das Fahrzeug war fertig.
(Gefüllt wurde der Tank von der Pumpe aus über einen B-Schlauch von oben)

Gerade zum richtigen Zeitpunkt. Vormittags den Stadthonoratioren vorgestellt, mittags ein Höllenfeuer in einem großen Reifenlager einer Spedition. Wieder das Problem der Wasseraufnahme, aber wir kannten jetzt ja den einzig funktionierenden Hydranten.

Sehr erschwert wurde das Ganze durch einen Tankauflieger mit 70.000 Liter Leichtbenzin, der mitten in der Strahlungshitze stand.

Den zu kühlen UND die etwa 1000 Reifen zu löschen, das war fast unlösbar bei unseren Ressourcen.

Nebenbei wurden meine Offiziere etwas blass, als ich in das Büro der Firma ging und die fragte, ob die uns eigentlich verdursten lassen wollten? DAS hätte kein Afrikaner gewagt, aber wir bekamen unsere Getränke.

Der neue Chef der BF kam nach Hannover, alles wie gehabt – und stirbt acht Wochen nach seiner Rückkehr an TBC.
TBC ist eine Hungerkrankheit – und oftmals eine Folge von HIV!

Aber während seines Besuches wurden wir von Leipzig eingeladen, hier wurden uns die genannten PA versprochen.

Zwei Kollegen der BF Blantyre werden nach Hannover und Leipzig eingeladen, um hier zu Atemschutzgerätewarten ausgebildet zu werden.

Es ist dringend geboten, mal einen großen und ehrlichen Dank an die Kollegen in Leipzig auszusprechen, welche uns über das Normale weit hinaus geholfen haben.

Ich flog anschließend noch einmal mit meiner Frau, das letzte Mal nach Malawi – und es war die schlimmste aller Reisen – und die erfolgreichste.

Alle Neuerungen, die ich eingeführt hatte, einen guten Oberbrandmeister als Trainingsofficer, einen altgedienten Fahrer als Vorgesetzter der Fahrer (dieses waren Fireman-Driver, die von der Brandbekämpfung nichts verstanden, sondern nur als Maschinisten fungierten) waren wieder zurück gedreht.
Der alte Schlendrian war doch so viel besser.

Hier fragte ich mich wohl nicht das erste Mal, weshalb ich mir dieses alles antat

Bereits während des vorletzten Males wurde ich offiziell zum Deputy Chief Fire Officer befördert und der derzeitige Leiter der BF war ein übler Bursche, ein Senior Officer, der nach dem Waldbrand wegen Trunkenheit an der Einsatzstelle (Der Townclerk hat ihn da sofort hinbeordert und ich musste ihn ablösen lassen) zeitweilig rausgeschmissen wurde.

Leider hatten die aber keinen Anderen, er musste wieder zurück geholt werden und machte nun natürlich Probleme, wo er konnte.

Ich gab mir Mühe, so gut es ging, kam aber irgend wann an den Punkt, wo ich sagte: „Gut, wenn die nicht wollen, ich biete denen mein Wissen an und wenn die nicht lernen, dann müssen sie eben die Folgen tragen!“

Zwischenzeitlich wurden meine Frau und ich zum Vizepräsidenten (der Präsident war im Ausland) eingeladen, der sich bei uns persönlich bedanken wollte.

Bei der Gelegenheit besuchten wir das lokale Krankenhaus und ich übertreibe nicht, wenn ich schreibe, dass mich das Entsetzten schüttelte.

Aber alleine das wäre eine eigene Geschichte, die so unglaublich ist, dass ich fürchte, man würde sie mir nicht abnehmen.

Dass die Dinge dieses Mal so schlecht liefen lag an der Abwesenheit des Stadtdirektors, der sich in Schottland zu einem Studium aufhielt (und bald nach seiner Rückkehr verstarb. Manchmal war ich wirklich verzweifelt, denn er war wirklich ein Guter, ein echter Verlust!)

Wir hatten nur noch einen Wunsch: Abreise.
Der Mensch denkt, doch Gott lenkt, mich legt eine Malaria flach!
Was den Vorteil hatte, dass ich den inzwischen zurück gekehrten Townclerk sprechen konnte: „Sorry Don, aber Lehrgangsziel verfehlt!“
„Warum?“

Ich habe alle meine Bitterkeit rausgelassen erklärt, was man mit uns getrieben hat (auch meine Frau bekam zu spüren, dass sie eine „schlaue Weiße“ sei).
„Da werde ich aber sehr genau dahinter schauen und dann kracht es!“

Knappe zwei Wochen später, wieder daheim, erreichte mich ein Fax: „Klaus, was hast Du mir erzählt? Die Jungs haben doch fantastisch gelernt!“

Ein Hotelbrand und eine Lagerhalle, die ohne Atemschutz nicht zu bewältigen gewesen wären – und die haben die Aufgabe mit Bravour gemeistert.
Ich verstand es nicht, aber das ist Afrika.
Epilog:
Habe ich hier ein düsteres Bild von den Arbeitsbedingungen, für die unsere Kollegen ja nichts können gezeigt, so muss ich sagen, dass sie noch gut dran waren.
So gab es zu der Zeit z.B. in Lusaka/Sambia – früher der Sitz der besten Feuerwehrschule Ostafrikas überhaupt keine Feuerwehr mehr.
Der heutige Stand ist mir nicht bekannt.
Und ohne die generöse Hilfe aus Hannover, Berlin und Leipzig wäre auch Blantyre lange ohne Brandschutz gewesen.
Aber selbst in diesem so liebenswerten Land gab es zu meiner Zeit eine Feuerwehr (Mzuzu), die nicht ausrücken konnte, weil es für die UNIMOG-Fahrzeuge keine Reifen mehr gab.....

People, that’s Africa.


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