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Zu Gast in Bristol/England
. Ich habe zusammen mit einem Brandmeister der BF Hannover, gewissermaßen als Belohnung für das Engagement in Malawi/Ostafrika und aufgrund meiner Betreuung unser ausländischen Gäste Gelegenheit zu einer Ausbildungsreise nach Bristol, habe dort die Kollegen, die ich in Hannover begleitet habe wieder treffen.
Um es vorweg zu nehmen:
Die Art und Weise, in der wir ohne wenn und aber von den britischen Kollegen in den Schichtbetrieb integriert werden, die Freundlichkeit, mit der hochrangige Offiziere bemüht sind, uns alle, aber auch alle Fragen zu beantworten und uns durch alle Abteilungen zu „schleusen“ ist für mich fast unglaublich.
Betreut werden wir von einem Assistent Divisional Officer, in etwa mit einem Abteilungsleiter vergleichbar, und einem einfachen Feuerwehrmann, mit denen es eine Freude ist, sowohl dienstlich als auch privat unterwegs sein zu dürfen..
Es fängt damit an, dass ich noch dabei bin, unseren Wagen auszuladen, als mich ein Schichtleiter, den ich schon aus Hannover kenne auf seinem Weg zum einem Alarm entdeckte und brüllt:
„Klaus, hurry up, come with me..“
Dass ich nur meine Ausgehuniform an habe, kostet ihn nur ein müdes Lächeln und unter dem verblüfften Blick meines Kollegen verschwinde ich zu meinem ersten Ausrücker. Gleich an dieser Stelle:
Der Ausbildungsstand der britischen Feuerwehren ist sehr hoch. Sie trainieren, trainieren und trainieren! Hier erinnere ich mit Bitterkeit das Statement eines hochrangigen Bürokraten aus dem Niedersächsischen Innenministerium, der behauptet, dass das Niveau der britischen Kollegen und Kolleginnen weit unter dem in Deutschland läge.
Jede einzelne Übung wird in das persönliche Trainingsbuch des Feuerwehrangehörigen eingetragen. Dadurch hat man zu jeder Zeit einen Überblick über den Ausbildungsstand der einzelnen Kraft.
Eine kleine Einführung
Zunächst aber einige Bemerkungen, die zum besseren Verständnis dienen sollen:
Es gibt (mit wenigen regionalen Ausnahmen) in Großbritannien keine Freiwilligen Feuerwehren wie in Deutschland.
Neben der Berufsfeuerwehr bestehen noch die sogenannten „Retained Fire Brigades“ , deren Kräfte im Alarmfalle über Funkmeldeempfänger verständigt werden.. Sie werden für jede Arbeits- und Einsatzstunde bezahlt, stellen also eine Teilzeit-Feuerwehr dar.
Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben sind die britischen Kollegen eigentlich nur für die Brandbekämpfung zuständig. Dieses hat seinen Hintergrund im Fire Service Act aus dem Jahr 1947, der dringend einer Anpassung an die Wirklichkeit bedürfte...
Dieses zu wissen ist sehr wichtig, denn die finanzielle Basis für die einzelnen Feuerwehren errechnen sich aus der Anzahl der gelöschten Brände..
Alles, was die einzelnen Feuerwehren außerhalb der Brandbekämpfung (und dieses ist eine ganze Menge) leisten, machen sie eigentlich „freiwillig“.
Alle Geräte, die nicht der reinen Brandbekämpfung dienen, werden sozusagen „nebenher“ aus dem vorhandenen Finanztopf beschafft, um die Kräfte in die Lage zu versetzen, die zusätzlichen Aufgaben unter Beachtung des Eigenschutzes absolvieren zu können,,
Rein juristisch ist die Situation sogar so, dass die Feuerwehr- beispielsweise zu einem Verkehrsunfall gerufen, - die Polizei erst um Erlaubnis bitten muss, dort eingreifen zu dürfen..
Dass das in der Praxis anders abläuft liegt auf der Hand. Aber es fehlen die von unseren Feuerwehren her bekannten Einsatzmittel, - bedingt durch die völlig anders gelagerte Rechtsgrundlage mit ihrer eingegrenzten Aufgabenzuweisung, - ebenso wie die rechtlich abgesicherte Autorität.
Ich denke in diesem Zusammenhang an ein mir vorliegendes Formblatt für Einsatzleiter zur Thematik ‘’Gefahrengut’’, auf deren Deckblatt der Satz zu finden ist: „Erinnern Sie sich daran, dass die Verantwortlichkeit bei der Polizei liegt.“
Gefahrgut- und Hilfeleistungseinsätze
Als ich mir den sogenannten HaZMat-Tender (Hazardous Materials, Rüstwagen Gefahrgut) ansehe, da kann ich es fast nicht glauben: Es handelt sich um ein Fahrzeug, welches mit wenigen Messgeräten wie Explosimeter etc. sowie einigen Schutzanzügen ausgestattet ist, in der Hauptsache aber nur zur Dekontermination dient, zum reinen Eigenschutz also..
(Allerdings mit einem eigenen Duschzelt) Dazu gehört auch, dass man weiß, mit welchen Gefahren man es zu tun hat und deshalb ist auch ein kleiner Computer mit einer entsprechenden Datenbank mit an Bord, desgleichen
ein Faxgerät.
Auf wissenschaftlich vorgebildete Feuerwehrleute kann man nicht zurückgreifen, doch dazu später etwas mehr..
Gefahrguteinsätze sind von der gesetzlichen Regelung her keine Feuerwehrangelegenheiten, nur wird die Feuerwehr in der Praxis als erste Institution angesprochen, um dann bis zur Eintreffen der National River Authoritiy ,der Umweltschutzbehörde die Gefahrenabwehr vorzunehmen.
Umfüll und Lecksicherungsgerät gibt es nicht, man muss sich irgendwie behelfen.
Ähnlich sieht es mit anderen Hilfeleistungseinsätzen aus.. Einen Rüstzug beispielsweise, wie von den Feuerwehren Deutschlands her bekannt, existiert nicht. Natürlich sind zwischenzeitlich auch Rüstwagen vorhanden (in Bristol sogar einer mit einem Minikran ausgerüstet, aber sie sind sehr viel spärlicher als in unseren Breiten ausgestattet (Will sagen; die freien Plätze in den Fächern sind schon erstaunlich)
Benötigt man im Zuge der Einsatzabwicklung einen Kran, so muss der von einem privaten Unternehmen angefordert werden.
Ein weiteres Beispiel:
In der Region Bristol gibt es sehr steile Klippen und eine tiefe Schlucht mit Felsenwänden von bis zu 120 Metern. Stürzt dort jemand ab oder springt in selbstmörderischer Absicht von der Brücke, die diese Schlucht überspannt, so muss ganz selbstverständlich erst einmal die Feuerwehr „ran“, egal, was das geltende Recht dazu sagt.
Zuständig ist EIGENTLICH ein spezieller Rettungswachdienst, dessen Personal aber erst per Telephon zusammengerufen werden muss. Oftmals treffen diese Kräfte erst nach Stunden an der Einsatzstelle ein.
In früheren Zeiten wurden Feuerwehrkräfte einfach an einem Seil heruntergelassen, keine unproblematische Vorgehensweise also, die tödliche Gefahren in sich birgt.
Und da solche Hilfeleistungen immer öfter auf die Feuerwehr zukommen, beschaffte man schließlich für das Personal Bergsteigerausrüstung und bildet es in alpinistischen Kletter- und Rettungskünsten aus.
Ich habe in Bristol selber mit dieser Ausrüstung trainiert (Man soll nie in der Kantine behaupten:“ Was ein englischer Feuerwehrmann kann, das kann ein Deutscher auch“) und weiß, was es heißt, sich nur mit einem Sitzgurt und dem daran befestigten Seil , welches durch eine Art Bremse mit zwei Rollen läuft, in die Tiefe abzulassen, dort an der Wand hängend einen Verletzten zu retten, diesen auf die Trage zu packen und ihn dann, je nach Lage abzulassen oder hochzuziehen..
Die Übungspuppen der Engländer wiegen mal so eben 80 kg!
Bei mir ist dieser „Drill“ leider „schief gegangen“, ich habe wohl den Gurt nicht richtig festgezurrt, rutsche an der Wand ab und hole mir einen Leistenbruch..
Kommentare der „mitfühlenden „ Kollegen“ „Ha Klaus, Du bist der erste Deutsche, den wir kaputt gemacht haben..“
Und der erste hannoversche FW-Mann, in dessen Personalakte jetzt eine fremdsprachliche Unfallmeldung liegt..
Die Streiche der Engländer sind oftmals etwas brutal: Ich glaube zuerst an eine Zerrung und bitte um Sportgel.. Entweder man hat mich missverstanden, (glaubt das jemand? Ich auch nicht!), oder man will mich missverstehen, auf jeden Fall bekomme ich statt dessen eine Rheumasalbe in die Hand gedrückt..
Da ich diese Salbe naturgemäß sehr nahe empfindlicher mannestypischer Teile aufgetragen habe kann sich jeder selber den weiteren Ablauf der Geschichte vorstellen..
Auf jeden Falle habe ich die ca. 100 Meter zur kalten Dusche in 10 Sekunden geschafft! Hinzu kam dass dieses Salbe fürchterlich, nein, nicht riecht, sondern STINKT und der liebe Sub Officer Pete mich aufmuntert mit : „Klaus du durftest wie ein Pferdepuff!“ Ich kenne so eine Einrichtung nicht, ich muss es einfach glauben
Ungewöhnlich ist für mich die Vorgehensweise bei der Behandlung von Ölspuren nach Verkehrsunfällen, natürlich auch eine aus der Praxis kommende und durch kein Gesetz gedeckte Zusatzaufgabe der Feuerwehr.
Dabei wird kein Ölbindemittel, sondern Vliestuch verwendet..
Sicher kann man über die Wirksamkeit streiten, nicht aber über das sogenannte „salvage work“ (frei übersetzt: „Hilfsarbeitern, was aber an der Sache sehr weit vorbei geht..) Diese Arbeit dient der Vermeidung der Brandfolgeschäden.
Bei einem Brandeinsatz beispielsweise, der in der oberen Etage stattfindet wird die gesamte untere Etage mit Plastikbahnen abgedeckt und durchsickerndes Löschwasser sofort aufgefangen und nach draußen geleitet. Weist eine Versicherungsgesellschaft nach, dass die Feuerwehr nicht alles zur Vermeidung von Brandfolgeschäden getan hat, gibt es echten Ärger!
Oftmals ist Improvisation angesagt, da die Mittel für technisches Gerät zur Brandbekämpfung fehlen. Auch hier ein Beispiel dazu:
Ein Haus mit Sporthalle, voll verraucht-. Bei uns käme jetzt der Hochleistungslüfter zum Einsatz, hat man aber nicht. Also stellt sich ein Feuerwehrmann an ein Fenster und gibt über das Strahlrohr Wasser (Sprühstrahl) nach draußen ab.. Der Luftstrom zieht den Rauch dann mit..
Ausbildung
Wie bereits erwähnt wird die gesamte Ausbildung sehr ernst genommen, die Phantasie bei der Übungsplanung ist erstaunlich. Allerdings sind die britischen Wache sehr viel spartanischer ausgerüstet als bei uns, teilweise handelt es sich um uralte Gebäude, die von ihrer Konstruktion her nur sehr wenige Möglichkeiten bieten. Man weiß sich allerdings mit einfachsten Mitteln zu helfen:
Atemschutzübung auf einer dieser Wachen: Es wird aus zusammengeschobenen Betten, Stühlen, quer gestellten Türblättern und anderem mehr ein Trainingsparcours gebildet und die britischen Kollegen
müssen, nachdem die Masken mit einer Plastikhaube undurchsichtig gemacht werden in diesem eine Suchaktion starten.. Jeder Kollege muss übrigens im Jahr wenigstens acht Atemschutzübungen nachweisen.
Atemschutz ist in England dem unseren sehr weit voraus, die Sicherheitsmaßnahmen , sowohl in technischer als auch in einsatztaktischer Hinsicht sind einfach vorbildlich.. Alleine dieses zu erklären bedürfte es eines eigenen Kapitels. (Ist in den Folgejahren in Deutschland erheblich besser geworden!)
In der Hauptfeuerwache, in der sich auch die Ausbildungsabteilung und die Schule der County Avon Fire Brigade befindet (Ein County ist etwa ein Mittelding aus Regierungsbezirk und Landkreis, eine Grafschaft) gibt es allerdings ein Brandhaus, in dem man so richtig schöne „heiße“ Übungen machen kann.
Zur Ausbildung gehört auch die tägliche Überprüfung aller Geräte, welche die Kollegen anhand einer Checkliste Stück für Stück in die Hände nehmen, das zu jedem Schichtbeginn.. Jeder Mann/Frau hat bereits kurz nach Dienstbeginn „sein“ Gerät bereits einmal in der Hand gehalten
Negativ aufgefallen ist mir der Mangel an Erste Hilfe Kenntnisse:
Bei einer in einem Hochhaus durchgeführten Übung geht es darum, einen Brandangriff im 6. Stock durchzuführen, einen Toten zu bergen und ein Kind wiederzubeleben..
Die reine Brandbekämpfung ist Klasse A, das Kind wäre mit Sicherheit zu Tode „belebt“. Hier gehen meinem lieben Carsten, meinem Kollegen aus Hannover die Pferde durch, als er das sieht. Die beiden reanimierenden Kollegen fliegen plötzlich zur Seite und er legt los, in der Weise, wie er das als Rettungsassistent gelernt hat. Ist mir fast schon peinlich!
Ein weiteres Beispiel einer Übung, an der wir aktiv teilnehmen, - wir sind ja voll in die Dienstschicht integriert:
In dem Übungshaus (stockdunkel) muss ein von einem Gerüst in den Keller gestürzter Arbeiter: gerettet werden. Als Verletzung wird eine mögliche Wirbelsäulenfraktur vorgegeben.
Das Eindringen in das Gebäude, die Installation der Beleuchtung, alles erste Sahne, - nur, als die britischen Kollegen (wir beide Hannoveraner halten uns hier mit Absicht etwas zurück, wir wollen ja sehen, was nun passierte) den „Patienten“ (die 80 kg Puppe) auf die Trage heben, da wäre er mit Sicherheit endgültig querschnittgelähmt.
Als er nun über die Schiebleiter nach unten gebracht wird sagte ich nur leise zu meinem Spezi (Sub Officer) Pete: „Und jetzt ist er tot!“, woraufhin dieser nur traurig mit dem Kopfe nickt..
Zu diesem Mangel kommt es durch eine aus meiner Sicht falschen Philosophie:
Die Rettung ist Aufgabe des Ambulance Service, des nationalen Rettungsdienstes, der dem Gesundheitsministerium untersteht.
Diese Kollegen erhalten sogar von der Feuerwehr eine Atemschutzausbildung und gehen mit der Feuerwehr an der Einsatzstelle vor..
Soweit so gut, nur:
Eine Bereitstellung von Rettungswagen wie bei uns findet nicht statt, kann auch gar nicht stattfinden, da in ganz Bristol während der Nacht nur zwei RTW’s laufen und ein solches Fahrzeug mit den Spezialisten erst aus dem County, dem weiteren Umland kommen müsste, wenn diese unterwegs sind...
In der Feuerwehrausbildung ist lediglich ein viertägiger Erste-Hilfe-Lehrgang und ein Prüfungstag vorgesehen. Wiederholungslehrgänge sind im Turnus von vier Jahren vorgeschrieben.. Ich kann den Kollegen einfach nicht klar machen, weder dort noch hier in Hannover, wo sie es ja sehen, dass eine Eigensicherung unumgänglich ist. Man kommt einfach gegen Traditionen, und seien sie noch so altmodisch nicht gegen an..
Dieses aber war der einzige Mangel, den ich im Bereich „Ausbildung“ feststellen muss..
Der Umgangston auf den Wachen ist ein sehr legerer, die Anrede der Vorgesetzten erfolgt nicht mehr wie früher mit „Sir“ oder „Governer“, man nennt sich normalerweise beim Vornahmen.
Deshalb bin ich auch sehr erstaunt, als ich auf dem Hof einen neuen Rekrutenlehrgang beobachten kann, der nach den Ausbildungsvorschriften der Marine das Marschieren und Exerzieren übt..
Gänzlich verliere ich meine Fassung, als ich merke, dass die armen Anwärter grundsätzlich angebrüllt werden, ein freundliches: „Nun wollen wir mal wieder!“ gibt es nicht..
Der Sinn mag aus britischer Sicht einleuchtend , wenn auch nicht unbedingt auf unsere Verhältnisse übertragbar sein..
Die neuen Kräfte will man auf diese Weise schulen, mit Stress fertig zu werden.
Sie sollen sich zudem in Disziplin üben und akzeptieren, dass das Wort eines Vorgesetzen absolute Gültigkeit hat.
Diese Art von Behandlung aber endet mit dem Eintritt in die Wachabteilung nach 16 Wochen der Grundausbildung..
Die Ausbildungsinhalte sind denen der unseren sehr ähnlich. Allerdings wird nicht jeder Feuerwehrmann automatisch Fahrer und Pumpenmaschinist.
Nach Auffassung der englischen Kollegen ist es weit besser, eine geringe Anzahl von guten und geübten Fahrern zu haben, die in kurzen Abständen ausgetauscht werden als eine Masse nur durchschnittlicher „operator“..
Diese Fahrer werden übrigens auf einem LKW mit einem 5000 Liter fassenden Plastikplanenbehälter, in dem das Wasser so richtig schön schwappen kann geschult..
Schleuderausbildung und Hochgeschwindigkeitsfahren runden das Fahrtraining ab.
Organisatorisches
Der Wachdienst besteht aus vier Dienstschichten, die sich aus zwei Nacht und zwei Tagschichten zusammensetzen (40 Stunden Woche). Danach folgen dann vier freie Tage.
Die Aufstiegmöglichkeiten sind ganz anders geregelt als bei uns..
Grundsätzlich beginnt jede Karriere als Feuerwehrmann und geht dann über den Brandmeister (Leading Fireman), zum Oberbrandmeister (Subofficer) und dann zum Station Officer, alles nach vorher bestandener Prüfung..
Die Kenntnisse können durch Fernlehrgänge und durch die Lehrgänge in der berühmten Schule Moreton on the Mash erworben werden, wichtig sind die abgelegten Prüfungen..
Man kann über die verschiedenen Methoden diskutieren, ich halte es für alle Male besser, wenn ein Leiter vom Dienst schon mal selber erfahren hat, wie es ist, wenn man knöcheltief im eiskalten Wasser steht und einem die Ohren am Helm fest frieren, aber, auch diese Münze hat zwei Seiten: Es gibt keinen akademisch vorgebildeten Feuerwehroffizier, der z.B. bei einem Laborbrand an der Einsatzstelle als Sachverständiger auftreten kann. Mag die Ausbildung noch so gut sein, der wissenschaftliche Hintergrund fehlt eben manch mal..
Ab Station Officer (Brandinspektor bei uns) aufwärts sind Lehrgänge an der Schule obligatorisch..
Ein ganz wesentliche Unterschied und für mich der Grund zu ausgedehnten Diskussionen ist das Leitstellenpersonal. Hier halte ich, offen gestanden, das deutsche System für besser..
In England ist dieses Personal eine eigene Laufbahn, - die Kolleginnen und Kollegen haben noch nie in dunkler Nacht an einem, Feuer gestanden, sie kennen die Geräte und Fahrzeuge, die sie hinaus schicken nicht aus eigenem Erleben, haben also keinerlei praktische Erfahrung.
Das hat zur Folge, dass Vorschläge, wie bei uns absolut üblich nicht von der Leitstelle kommen können.. In Deutschland unterstützt die Leitstelle den Einsatzleiter, auch wenn der den Einsatz von „vorne“ führt.
(Anders als die Polizei, wo Einsätze grundsätzlich von „hinten“ geführt werden.)
Die Ausstattung der Leitstellen ist das Feinste vom Feinen, auch wenn der Statusgeber, dieses kleine Codiergerät, welches Routinemeldungen wie „An der
Einsatzstelle“ „Wieder Einsatzbereit“, „Abgerückt“ etc. überflüssig macht
noch unbekannt ist..
Dafür hat man einen sehr abgekürzten Funkverkehr, der die Dinge minimiert. Beispiel: „A 11 10-4“ (sprich: Alpha one one – ten four) heißt: Das erste Fahrzeug der Wache 1 der A-Division, dem Brandschutzbezirk (hier: Bristol) ist an der Einsatzstelle angekommen..
Öffentlichkeitsarbeit
Mein besonderes Interesse, wir werden zuvor danach gefragt, liegt bei der Öffentlichkeitsarbeit, und hier lerne ich das Staunen..
Leider hat sich in mancher deutschen Feuerwehr, nicht in Hannover, da kennt man das Problem, noch nicht herumgesprochen, dass eine gute Öffentlichkeitsarbeit lebenswichtig ist.
Ich habe es lernen dürfen, WIE man so etwas richtig macht:
Zwei Offiziere im Range eines Station Officer stehen rund um die Uhr, Werk- und Feiertags im Wechseln bereit, um die Presse vor Ort mit allen Mitteln zu unterstützen.
Sie sind nicht nur mit Handy’s (Übrigens so ein typischer „denglischer Kunstausdruck, das kennt in England und USA niemand. Im englischsprachigen Raum heißen die Dinger „Cellphone“) sondern auch mit einer Videokamera ausgerüstet.. Die so entstandenen Berichte werdenden Fernsehanstalten, natürlich kostenlos, angeboten.
Die Verwaltung der „Voice Bank“, einer Sprachmailbox (wer weiß einen deutschen Ausdruck dafür?) gehören ebenfalls zu ihren Aufgaben.
Diese Voice Bank kann schon von der Einsatzstelle aus aktiviert und aktualisiert werden . Jeder Journalist hat da Zugriff drauf und erhält so immer die neusten Informationen.
Regelmäßige Pressekonferenzen zu brandschutztechnischen Problemen gehören zu den Aufgaben der Presseoffiziere, die lokal so bekannt sind wie Filmstars
Allerdings ist ihnen bewusst, dass sie sich mit ihren öffentlichen Erklärungen auf einem Hochseil befinden, entsprechend ist ihr Verantwortungsbewusstsein..
Fast unnötig zu erwähnen, dass in Großbritannien zur Offiziersausbildung auch das Lehrfach „Umgang mit den Medien“ gehört.
In speziellen Schulungen wird „Kamera- und Mikrofonverhalten“ vermittelt, offensichtlich mit großem Erfolg, denn die Selbstsicherheit der Führungskräfte im Kontakt mit den Journalisten ist schon erstaunlich..
Gewerkschaft
Ein besonders heikles Thema in Großbritannien, auch oder gerade bei der Feuerwehr, ist der Bereich Gewerkschaft. Dieses ist geschichtlich zu sehen, es bestehen nebenbei zwei davon, eine für Mannschaften und eine für Offiziere.
Nach meinen Beobachtungen gibt es in England weit stärkere Bereitschaft, auf Konfrontation zu gehen als bei uns.
In Deutschland kann man schon davon ausgehen, dass erst einmal versucht wird, Konsens zu erreichen, in England jedoch sind Kampfmaßnahmen bis hin zur Weigerung, zum Alarm zu fahren gar nicht selten .
Ganz typisch: in England machen die Kollegen nur Einsatz und
Ausbildungsdienst, wozu auch die Fahrzeugpflege gehört.
Ein Werkstattdienst findet nicht statt, weil der angeblich einem Anderen den Arbeitsplatz weg nimmt.
Reparatur- oder Malerarbeiten auf der Wache sind illegal, sie müssen durch Fremdfirmen durchgeführt werden. Für diese aber ist kein Geld, also unterbleibt es, oder die frustrierten Kollegen malen ihre Unterkunftsräume in einer Nacht- und Nebelaktion selber aus..
Eine interessante Regelung gibt es noch: bei den englischen Feuerwehren ist der Anteil der Damen sehr hoch. Einzelschlafräume wie z.B. in Hannover sind dort ein unerreichbarer Traum, sie schlafen alle in Gemeinschaftsräumen.. Vorschrift ist die Sporthose und: Wenn es zur Nachruhe geht, müssen , so eine Kollegin da schläft, mindest ZWEI Feuerwehrleute anwesend sein..
Soziales
Feuerwehrangehörige können bereits nach 30 Dienstjahren in den Ruhestand gehen, d.h. in der Praxis schon mit dem 50ten Lebensjahr. Nach Aussagen der Kollegen lohnt sich das auch finanziell. Spätestens aber ist mit 55 Jahren endgültig Schluss.
Die Gehälter sind wesentlich niedriger als in Deutschland..
Das Berufsbild Feuerwehrmann/frau ist mehr als attraktiv. Bei der gerade vor unserem Besuch durchgeführten Einstellung werden 14 Bewerber gesucht, beworben hatten sich 4000..
Das Ansehen der Kollegen in der Bevölkerung ist sehr hoch, die auch dort durchgeführten Beschneidungen von Personal und Gerät gehen da nicht so still über die Bühne wie bei uns in Deutschland..
Irgendwie sind sie Verrückte, ich kann mir nicht helfen:
Einmal war Bristol eine der letzten Feuerwehren, bei der es in der Kantine auch Alkohol gab.
Hier muss man aber sagen, dass sie damit sehr verantwortungsvoll umgehen.
Die Fahrer grundsätzlich nicht und wenn einer mal wirklich mehr
Durst als normal hat, dann wurde er auf den Wasserkran verwiesen..
Ich komme von einem Alarm zurück, frage mich schon auf dem Flur, ob die Wache brennt, so ein Getöse höre ich. Als ich durch die Tür gehe hängt mir plötzlich eine recht hübsche und recht junge Dame am Hals.. Sittlich gefestigt, wie ich von Natur aus bin weiß ich gar nicht ,was mir hier geschah.. (Um das abzuklären musste ich sie selbstverständlich etwas länger festhalten.)
Ganz einfach: einer der Kollegen wird versetzt und hat als Abschiedsparty einen Schwesternlehrgang des nahen Krankenhauses eingeladen..
Dem Station Officer und seinem Sub Officer, die offensichtlich überrumpelt sind ist das Ganze natürlich etwas peinlich und sie nehmen mich, unabhängig von einander zur Seite: „Please Klaus, keep it discret!“ „Of course!“
Am nächsten Tag Besuch der Wache mit dem HazMat Fahrzeug, erste Frage: „Was war denn gestern bei euch los??“ Sage einer, dass die Kommunikation in der Feuerwehr nicht klappt.
Ich habe denen erklärt, ich wüsste es nicht, ich sei im Kino gewesen. Es kränkt mich heute noch, dass man mir nicht glauben wollte..
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Klaus Bethge, Isernhagen |
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