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Blog von

Klaus Bethge, Isernhagen

fassungslose Feuerwehrleute03.04.09 09:16
Fassungslose Feuerwehrleute

Im Allgemeinen sagt man ja Feuerwehrleuten nach, sie seien in jeder Situation „cool“, so leicht würde sie nichts aus der Fassung bringen..
Ab und an aber passiert es eben doch, die Männer des „Ordens St. Florian“, egal ob jung oder schon jahrzehntelanger Einsatzdienst, lernen noch einmal das Staunen.

Der Apparat „112“ klingelt, „Notruf Feuerwehr Hannover“
„Bitte kommen Sie ganz schnell, meine Tochter ist einem Auto eingeklemmt!“
Ganz offensichtlich, deutlich hörbar an der Angst in der Stimme dieser wahrscheinlich noch recht jungen Frau, ist die Sache bitter ernst, keiner der immer wiederkehrenden “Scherze“

Bei der Feuerwehr nimmt man jeden Anruf gleich ernst, aber bei Kindern reagieren die Kollegen, ohne wirklich daran zu denken, eben noch einen Bruchteil einer Sekunde schneller als sonst..

Alarmknopf gedrückt, der Lautsprecher dröhnt los: „Achtung Achtung, Alarm für Rüstzug, TLF-H (Tanklöschfahrzeug mit Hilfeleistungssatz), RTW 1(Rettungswagen), NEF 1 (Notarzteinsatzfahrzeug), A-Dienst (höherer Einsatzbeamte, der größere Einsätze leitet), eingeklemmtes Kind im PKW, Berliner Allee xx)“

Alles geht sehr schnell, die Kollegen stürzen aus den Werkstätten, der Kantine, den Büros oder wo immer sie auch gerade sind, wer jetzt auf irgend welchen Treppen nach oben oder unten geht, drückt sich schnell an die Wand, denn der an ihm vorbeifliegende Blitz könnte ein etwas korpulenterer Kollege sein - es könnte einen Rempler geben.

Ca 70 Sekunden und alle Fahrzeuge fegen um den Verkehrskreisel, die Hörner dröhnen und die Lichter spiegeln sich in den Schaufenstern, auf dem regennassen Asphalt..

Ein Stau, auf der Kreuzung steht ein Schutzmann, weil die Ampeln mal wieder gewartet werden, er reißt die Hand hoch, um uns den Verkehr zu stoppen.

Vollbremsung, ich fliege noch vorne, knalle mit dem Knie gegen die Kante der Sitzbank, auf die wir uns setzen, wenn wir uns die Atemschutzgeräte anlegen, überblicke gerade noch die Situation..

Immer das Gleiche: Wir sind auf der rechten Seite dieser zweispurigen Fahrbahn und ein auf der linken Spur fahrender Fahrer eines PKW erinnert sich an das in den Fahrschulen immer wieder erzählte Märchen : „Hört Ihr Alarmsignale, sofort rechts ran!“ Wäre er geblieben, wo er ist, hätte er nur einmal in den Rückspiegel geschaut, dann wäre alles glatt gegangen.

Unser Kollege am Lenkrad reißt das Fahrzeug herum, schleudert praktisch in die entstandene Lücke und zieht vorbei. Mir gelingt ein kurzer Blickkontakt und ich sehe in die großen weit aufgerissenen Augen einer jungen Dame, die wie versteinert und verkrampft in ihrem Auto sitzt.. Mein Nachbar lässt einen drastischen Fluch ob der „Frauen am Lenkrad“ los, wir alle müssen trotz der Situation befreit auflachen, wissen aber natürlich, dass solche Fehler keineswegs auf den hübscheren Teil der Menschheit beschränkt bleiben.

Weiter, weiter, hier zählen die Sekunden, endlich die Berliner Allee hinunter, alles starrt auf die vorbei fliegenden Haustüren, versuchen die Nummern zu erkennen, nichts! „Verdammt, schon wieder so eine Verar----!“ (nicht druckfähiger Ausdruck, der eine gewisse Unzufriedenheit der gegenwärtigen Situation erklären soll..).

Die Hausnummer ist gerade vorbei, ich schaue rein zufällig in den Rückspiegel – und sehe eine junge Frau verzweifelt hinter uns herlaufend, mitten auf der Fahrbahn und wild winkend“ „HALT!!“, noch eine Vollbremsung, das Knie leidet das zweite Mal, das Fahrzeug schlingert, der folgende RTW schafft es gerade noch, nicht auf uns drauf zu knallen, wir raus..

Eine aufgeregte Dame haben wir ja nun, aber immer noch keinen Verkehrsunfall!

„Bitte bitte, kommen sie schnell, meine Tochter..“ „Ja, aber wohin denn?“ „Na ,in meine Wohnung natürlich!“

Natürlich, ist doch klar, in die Wohnung, ich verstehe gar nichts mehr!

Wir vom TLF rennen mit der Mutter zum Fahrstuhl, einer hat sich den Werkzeugkoffer geschnappt, reiner Instinkt, die RTW-Besatzung sprintet hinter uns her, das NEF biegt auch um die Ecke und die Besatzung bleibt erst einmal etwas verwirrt sitzen und wir fahren nach oben..

Völlig in Tränen aufgelöst finden wir eine junge Dame im stolzen Alter von fünf Lebensjahren vor, die ---- ihre kleinen Finger in einem Spielzeugauto aus Plastik verfangen hat!

Ich kann nicht anders, ich muss lachen, aber es ist nicht das Lachen der Schadenfreude, sondern das Lachen über eine Situation, die so urkomisch ist und im Gegensatz steht zu den Befürchtungen der vorigen Minuten, dass ich einfach nicht kann..

Dieses dauert aber nur eine Sekunde, der Kollege hat bereits seinen Werkzeugkoffer aufgeklappt, Zange und schnipp schnapp und das böse Auto war ab..

Tochter fliegt Mutti in den Arm, die Tränen kullern und die Mutti fragt uns, jetzt wieder glücklich, warum wir denn mit so vielen großen Autos gekommen seien? Nun ja, das fragen wir uns auch.

Ich atme einmal tief und erkläre ihr ganz langsam und absolut freundlich, wie es dazu kam..

Wir ziehen ab, dem uns entgegenkommenden Notarzt, der eine Zeit lang ohne genaue Informationen umherirrte, kommt eine außerordentlich aufgeräumte und fröhliche Truppe entgegen, wir lachen und lachen..


Anrufe verängstigter Bürger über die 112 sind sowieso eine Sache für sich..

Bei jedem „Tag der offenen Tür“ weisen wir darauf hin, bei jedem Unterricht in den Schulen in Sachen „Brandschutzerziehung“ wird es geübt: WO ist WAS passiert, bitte genaue Adresse und Telefonnummern. Das WARUM interessiert uns überhaupt nicht..

Leider kennen viele Bürger nicht einmal den Unterschied zwischen „112“ und „110“, was in der Regel kein Drama ist, da wir eine Standleitung zwischen den Kollegen von „Hanno“ (Polizei) und „Florian“ (Feuerwehr) haben

Aber auch die Kollegen der Polizei bringen es schon einmal, über Funk einen „SANKA“ (militärische Bezeichnung für „Sanitätskraftwagen“, für uns ohne jede Aussagekraft, da wir KTW’s (Krankentransportwagen) und RTW’s (Rettungswagen) sehr unterschiedlich einsetzen.).

Auch die alte Bezeichnung NAW (Notarzteinsatzwagen, eine Fahrzeug und Einsatzform, die zugunsten des völlig anderen NEF-Systemes aufgegeben wurde), geht einfach nicht raus aus den Köpfen der Damen und Herren Schutzleute)

Auch kann es passieren, dass sie über Funk erzählen, hier liege jemand, der „verblute“, wir denken automatisch an eine Messerstecherei oder was auch immer, und finden jemanden vor, der voll des süßen Mostes auf den Schädel gefallen war und nun für Außenstehende in der Tat dramatisch blutet.

Wir kennen das schon, wissen, dass Kopfplatzwunden schlimm aussehen, aber mit einer Mullbinde sehr schnell zur Ruhe gebracht werden können.

Anrufe auf der Leitstelle: Liebe Leser , lacht nicht, eine Kollegenfrau, Krankenschwester, ruft eines Sonntags ganz aufgeregt ihren Mann auf der Wache an: „Klaus, was soll ich machen, der Eckhardt hat dem Volker ein Loch in den Kopf geschlagen (Zwei reizende und lebhafte Zwillingsbrüder von vier Jahren, die sich unter Zuhilfenahme von Bauklötzen stritten) „Mensch, dann rufe doch den RTW!“ „Wie denn??“

Mit dieser jungen Frau, Frau eines Feuerwehrmannes, ist einfach nicht zu reden, sie sieht nur ihren verletzten Sohn.. „OK, jetzt verbinde den Eckhard erst einmal, ich schicke dir den RTW“

Diese Situationen kommen tagtäglich vor, geistig unbewegliche Kollegen haben auf der Leitstelle nichts zu suchen, auch Einfühlungsvermögen, Phantasie und Fingerspitzengefühl sind unabdingbare Voraussetzungen..

Verbürgt ist der folgenden Notruf: „Hallo hallo, kommen sie schnell, bei mir brennt es!“ „Wo ist das denn??“ „Das ist doch egal, kommen sie endlich“ und legt auf. Was will man da noch machen.. Es gibt die Möglichkeit, eine Nummer zu fangen und dann über die Telecom zu ermitteln, aber das dauert, das dauert..

Glücklicherweise zeigt die Erfahrung, dass, handelt es sich wirklich um ein Feuer, meistens mehrere Menschen bei uns anrufen. Aber auch genau das Gegenteil, haben wir schon erlebt..

In Celle, einer sehr hübschen mittelalterlichen Kleinstadt, die aufgrund von Besitztümern des englischen Königshauses von dem Bombenterror ausgespart wurde und praktisch im Original erhalten ist, brennen nachts mehrere! alte Häuser lang durch, und die Feuerwehr kommt nicht! Sie konnte nicht kommen, weil sie, schlicht und ergreifend, davon nichts wusste. Jeder hatte geglaubt, dass bei einem solchen Feuer ja schon irgendwer telephoniert habe.. Leichter Irrtum!

Noch eine wahre Geschichte, die zeigt, wie es kommen kann..
Ein Nachbarort, direkt an die Stadtgrenze Hannovers anschließend, aber bereits Landkreis und auch telephonisch nicht mehr Ortsnetz Hannover.

Eine große Chemiefabrik, die einen dicken Vollbrand hat, die Kollegen der Werk- und die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr sind völlig überfordert, Hannover muss her.. Also 0511-112 gewählt, und gerade DAS geht nicht! Den Notruf kann man immer nur aus dem Ortsnetz heraus anwählen, um ein wenig den Missbrauch einzuschränken!

Also schwingt sich ein Werksfeuerwehrmann auf sein Fahrrad und radelte mit hängender Zunge zur ca. einem Kilometer entfernten Telefonzelle direkt am Stadtrand und lässt seinen Hilferuf los..

Dummerweise aber kommt er an einen Kollegen der Leitstelle, der am Tage zuvor zwei Löschzüge zu einem „Hotelbrand“ geschickt hat und da fürchterlich veralbert wurde.. „Von WO sind Sie?? R.d.H (die Fabrik)? Junge, hör mir mal gut zu, wenn du nicht gleich aus der Leitung verschwindest, dann gibt es einen Elfmeter in das obere linke Eck!“ (der Kollege ist leidenschaftlicher Fußballer)

Die Erfahrung lehrt, dass nach solch einem Anpfiff die meisten Witzbolde sofort verschreckt auflegen, hier aber schrie der Anrufer immer nur: „nein, es stimmt wirklich, es stimmt wirklich!“ “Gut, wir kommen“ Blitzartiger Anruf bei dem Lagezentrum der Polizei: „Sagt mal Leute, habt Ihr....“ „Meeeeensch, WO BLEIBT IHR? Hier ist der Teufel los!!“ Was auch unumwunden zuzugeben wäre!


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