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Klaus Bethge, Isernhagen

Silvester03.04.09 10:23
Silvester
Weihnachten ist mild und warm, Temperaturen wie im März, aber jetzt, in dieser Nacht des 30. auf den 31. Dez. dieses Jahres hat es geschneit. Die Flocken bilden einen Vorhang aus Watte. Man versinkt in den Massen, aber ich muss zum Dienst, pünktlich um 07.30 h, völlig überrascht von dem Wetter. Erst mal den Wagen frei schaufeln, Scheiben kratzen, kurz, die ganze Palette der Winterfreuden, meine Stimmung trübt sich leicht ein. Der abzulösende Kollege wartet sicherlich, der wird sich freuen. Hat er auch, aber mit ihm die ganze Wachtschicht.

Seit einiger Zeit haben wir den sogenannten fliegenden Wechsel, das heißt: Wenn der neue Kollege kommt und sich einsatzbereit meldet, kann der Vorgänger nach Hause.

Ich rutsche mehr als das ich fahre, armer Feuerwehrmann, keine Winterreifen, wozu auch, fahre ja sowieso nur in der Stadt. Ein Irrtum, wie ich jetzt merke..

Irgendwie quält sich mein alter R4 den Schnellweg hoch, noch immer dichte Schneedecke, an mir braust einer der großen Limousinen vorbei, als ob der Fahrer die Ralley Monte Carlo bestreiten will. Na ja, denke ich, ein früher Kunde für den RTW..

Endlich bin ich da, fahre auf den Hof - und denke, die Welt geht unter! Natürlich wieder so ein Komiker, der mir aus dem Fenster des Wachgebäudes erst mal einen Böller vor den Wagen wirft. Ich schaue hoch, als ich wieder zu Atem komme und sehe einen Kollegen der alten Schicht mit Pappnase, vor Lachen fast aus dem Fenster fallend. Das kann ja heiter werden..

Blick auf die Wachtafel, ich habe den Posten Fahrzeugführer auf der Gelenkmastbühne mit meinem Kumpel Gottfried, ein sehr ruhiger und sehr netter und sehr kompetenter Kollege. Gut, ein Lichtblick, da bleiben mir die vielen Papierkorbbrände etc. erspart, dann wird es wohl nicht so schlimm werden.

Irgendwie aber glaube ich, dass eine Schneewolke am Himmel plötzlich ein lachendes Teufelsgesicht zeigt..
Einbildung, Klaus, jetzt siehst du schon Gespenster..

In der Kantine laufen schon die ersten Kollegen auf mit eingekauften Sachen, Kekse, Salzstangen, Zutaten für eine Bowle (für die zu erwartenden Ehefrauen, Feuerwehrleute sind ja Optimisten) usw.

Beim Antreten hören wir die obligatorische Gardinenpredigt: „Wenn ich einen mit Alkohol erwische..“ Ich denke mir meinen Teil, der stellvertretende Zugführer, ein mehr als unangenehmer Kollege, soll den Mund nicht so weit aufreißen.. (Die berühmte Sache mit dem Glashaus, in welches man keine Steine werfen sollte.)

Wegtreten, die Kantinenbesatzung ist am werkeln, noch ist alles ruhig..
Der erste Alarm, der Rettungswagen wird von nun an kaum noch mal auf der Wache gesehen. Erste Verletzungen durch Stürze, überwiegend alte Menschen, die unbedingt bei dem Wetter noch raus müssen, um irgendwelche Besorgungen zu machen, dann auch schon die erste Handverletzung durch einen explodierenden Knaller, bald schon die erste Familienstreitigkeit. Es ist noch früher Morgen, manche Menschen fangen eben zeitig an, um nichts zu verpassen, dann der erste Verkehrsunfall.. „Meine“ rasende Limousine wird es ja wohl nicht sein, da ist zu viel Zeit vergangen, aber es gibt noch andere Irre..

„Achtung Achtung, Alarm für das TLF-P, Hilfeleistung bei Verkehrsunfall, RTW vor Ort“ So, das ist die Kantinenbesatzung, die weg muss, Gottfried und ich schneiden nun die Brötchen..

Der stellvertretende. Zugführer hat sich hingelegt, auf den Einfall, dass auch er mal zum Gelingen des Tages beitragen könnte kommt er nicht, warum auch..
Eines der Dinge, die ihn so von den anderen WAL’s abhebt (WAL= WachAbteilungsLeiter), die in der Regel erst Kollege und Feuerwehrmann und dann Vorgesetzte sind.

Mit einem Male ein Knall, der die Scheiben zittern läßt, aber offensichtlich außerhalb des Gebäudes. “Djunge Junge dascha Dummding gewesen!“ lacht mein Gottfried, und dann höre ich ein tierisches Gebrüll, sehe unseren „Kollegen WAL“ in Unterhosen und Socken wie von einer Biene gestochen durch das Gebäude rennen und dabei laut brüllend verkünden, dass er den Lumpen umbringen wolle, wenn er ihn findet.

Im Moment begreife ich nur, dass ihn wohl jemand etwas unsanft geweckt hat, aber das wie und das womit bleibt mir noch verborgen.

Ich wundere mich nur, wie schnell sich die Kantine füllt mit harmlos aussehenden und unschuldig blickenden Kollegen, die sich für nichts mehr interessieren als ihre Zeitung und den Kaffee. Können diese Augen lügen??
„WER WAR DAS? ICH WILL DAS JETZT WISSEN!!“: „Wer war was Herr G.?“ „BETHGE, wollen Sie mich verarschen??“ Immer ich, wo ich dieses Mal wirklich schuldlos bin..

Nachdem er sich ausgekollert hatte merkt er, dass sein Aufzug wohl kaum zu seiner Reputation beiträgt und er verschwindet in Richtung Stube, um sich seine Hose und Stiefel anzuziehen..

Irgendwie muss ihn das hinter ihm her schallende Gelächter doch etwas gestört haben, denn er ist blitzartig wieder da, nun angezogen, um uns noch einmal zu erzählen, was er nun alles anstellen wolle, wenn er den Attentäter fassen würde..

Später habe ich es erfahren, unser Kuddel, immer nur Blödsinn im Kopf, ist mit einer Angel in den über dem Zimmer des WAL gelegenen Tischtennisraum gegangen, hat einen Kanonenschlag an den Haken gehängt und, die Lunte brennend, vor sein Fenster abgelassen..

Der RTW kommt zurück, schnell Kaffee eingeschenkt. „Jungs, das muss ich Euch erzählen, das war vielleicht ein Ding...“ „Achtung, Alarm für den Rettungswagen...“ Was das für ein Ding ist, ich habe es diesen Tag nicht mehr erfahren. Zur Abwechslung mal wieder ein Kanonenschlag, dieses Mal am anderen Ende des Flures, der stellvertretende Wachabteilungsleiter springt auf, rast den Flur herunter, um den Schurken zu fassen. Seine sportlichen Leistung findet allgemeine Anerkennung, noch mehr Anerkennung aber findet der Kollege, der kurzerhand in irgendeiner Ecke verschindet und nach einer Schampause völlig harmlos in der Kantine auftaucht.

Die Knallerei, sie ist aber wirklich etwas heftig.. Auf der Hauptwache steht ein alter Laternenmast, der nach dem Kriege aus den Trümmern gerettet wird und auf der Wache seinen Ehrenplatz bekommt. Er ist ein sehr beliebtes Übungsobjekt für die Drehleiterübungen, bis ich es schaffe, die Glaskuppel mit der ausfahrenden Leiter zu zerdeppern..

All der Schnee, der auf dem Hofe liegt wurde nun erst mal in die Mitte an den Kandelaber geschoben, damit die Fahrzeuge frei operieren können.

Irgend ein Spaßvogel kommt auf den Einfall, dieses ist jetzt etwas vorgegriffen, in der Batteriewerkstatt Luftballons mit Wasserstoff – der wird beim Vergießen der Batterien mit Masse verwendet - zu füllen, die Dinger im Schneehaufen zu vergraben und unter allgemeiner Beachtung am späten Abend diese mit einem E-Schweißgerät zu zünden.

Was dann geschieht, das kann man tunlichst als Extralektion in Sachen Verpuffung/Explosion/Detonation betrachten. Der Knall ist so, dass Anwohner der umliegenden Straßen auf der Leitstelle anrufen und ein Riesenunglück melden.

Der Leiter vom Dienst kommt aus seinem Büro und sieht nur noch riesige Schneebrocken über alle Dächer fliegen und fragt ganz leise an, eine Fensterscheibe zittert so, dass sie einen Sprung bekommt, ob denn hier alle verrückt seien oder gar schon betrunken?? Kurz: es ist herrlich!

Da sind unsere Knallereien auf unserer Wache nun wirklich Kinderkram dagegen, das müssen wir neidlos anerkennen..

Es geht langsam auf Mittag zu, die Chancen, dass ich das genießen kann stehen gar nicht so schlecht..

„Achtung Achtung, Alarm für den Fünften Zug, Bauernhof an der Varrelheide Feuer..“

Ist also nichts mit Mittagessen, Rutschstange runter, ich kann gerade noch zur Seite springen, als schon der Nächste etwas zu eilig hinter mir her gerutscht kommt, rauf auf das Fahrzeug und ab geht es.

Wir fahren als letztes Fahrzeug im Verband, Gottfried klebt fast an der Scheibe, denn die vor uns fahrenden Fahrzeuge schmeißen einen Schleier aus Schnee in die Höhe. Der Schnee von oben steht wie ein weißer Vorhang vor uns und ein schnelles fahren ist unmöglich, hier ist der Wunsch: „Nur heil ankommen..“

Wir kommen alle heil an, allerdings etwas später als sonst üblich, ein Stall steht in hellen Flammen..

Der Bauer guckt uns nur traurig an, aber er weiß, dass wir nicht anders konnten.

Die beiden TLF’s (Tanklöschfahrzeuge) haben bereits je ein Rohr vorgenommen. „GMB (Gelenkmastbühne) Wasserversorgung herstellen!“ Da kommt Freude auf, wo ist der verdammte Hydrant.. „Hallo sie (zum Bauern), wo haben Sie hier den Hydranten liegen?“ „Wet ick ok nich!“ Wir rennen die Wände entlang, um endlich ein Hinweisschild zu finden, und oh Wunder, es gibt eines..

Ich schnappe mir eine Schaufel und beginne an der Stelle zu graben, finde den Hydranten, Gottfried kommt mit dem Standrohr und dem Hydrantenschlüssel angeschlittert und, es gibt wirklich noch Wunder, der Deckel lässt sich ohne Probleme abheben, das Rohr einsetzen und aufdrehen.

Leider passe ich nicht auf, die Kupplung sitzt nicht richtig stramm und ich bekomme die erste Dusche dieses Tages.

Was soll es, passiert ist passiert, den B-Schlauch (der dickere Schlauch mit 75 mm Durchmesser im Gegensatz zu dem C-Schlauch mit 42 mm) haben uns schon zwei weitere Kollegen zu, ja, hingezerrt, denn mit Rollen ist es nichts bei diesem Wetter, ran an das erste TLF und ich gehe nach vorne, möglichst nahe an das Feuer in der Hoffnung, da etwas abzutrocknen, schnappe mir eine zufällig herumstehende Forke und schaufele Stroh heraus.

Hinter mir schreit ein Esel sein empörtes „Iahhhh“, er kann offensichtlich nicht billigen, was da mit seinem Stall geschieht.

Die Bäuerin kommt mit einer großen Kanne Kaffee an, etwas, was ich lange nicht mehr erlebt habe..

Später wird der Fahrzeugführer des TFL-P, des Führungsfahrzeuges, seinen Einsatzbericht schreiben und in der Rubrik „Brandursache“ steht „Fahrlässige Brandstiftung“ mit dem allgemeinen Vermerk „vermutlich hat der Esel geraucht..“ Hier allerdings erleidet der Zugführer eine echte und tiefe seelische Krise, weil er völlig zu Unrecht annimmt, man nehme ihn nicht ernst genug.

Das Feuer zieht sich hin, wie immer, wenn loses Gut in Brand gerät, aber irgendwann ist auch das geschafft, GMB und TLF-H werden schnell entlassen, denn so langsam wissen die Kollegen der Einsatzleitstelle (FEZ) nicht mehr, wo sie die Fahrzeuge hernehmen sollen.. Die Besatzungen der TLF-H (zweites Tanklöschfahrzeug im Zugverband) machen zudem Springerdienst für den Reserve-Retter..

Mein Gottfried schlittert auf einer Straße, links und rechts von hoch aufgetürmten Schnee gesäumt, herunter, das Funkgerät knackt: „Florian 50-11 Frage einsatzbereit?“ „50-11 einsatzbereit“ Oh nein, bitte nicht.. Doch, „Frage GMB bei Ihnen?“ „Positiv, fährt vor mir!“ „Alarm für sie,. Zimmerbrand in der Gorch Fock Straße“

Klasse, ein schön langer Ritt, was soll es, Blaulicht an und 10 Stundenkilometer schneller als bisher.. Uns kommt ein kleiner Polo entgegen, wie ausweichen, es geht nicht.. Ich sehe nur noch in die entsetzten Augen einer jungen Frau, bevor sie ihren Wagen in eine Schneewehe rammt..

Als wir ankommen, sehen wir dichten Rauch aus dem Fenster, schnelle Rückfrage, sind noch Personen in der Wohnung? Nein, na wenigstens etwas..

Wir helfen der TLF-Besatzung, die sich bereits auf der Fahrt mit Atemschutz ausgerüstet hat, den Schnellangriffschlauch abzuspulen und in das erste Obergeschoss zu zerren. So Jungs, das ist nun euer Job..

Dieses Feuer ist schnell dunkel, offensichtlich hat ein durch das zum Lüften geöffnete Fenster geworfener Kanonenschlag die Zeitungen in Brand gesetzt, die auf einem Sofa liegen..

Die Kollegen des TLF nehmen das Gerät zurück, ich schreibe schon mal stellvertretend für den beschäftigten Fahrzeugführer des TLF die Einzelheiten auf und muss mir den obligatorischen Spruch anhören, wie lange das gedauert hat. „....und die Wache ist doch gar nicht so weit weg..“..

Was soll es, ich kenne es schon und wenn ich auch jedes mal platzen möchte, ich erkläre ihm ruhig, dass wir etwas weiter draußen waren und uns schon da „amüsiert“ haben. „Ach so..“

Jetzt aber, ich mag es nicht glauben, schaffen wir es tatsächlich auf die Wache, wo ich mich blitzartig wasche und erst mal eine trockene Hose anziehe, die Kälte kriecht an mir hoch, dass es mich schüttelt. Selbst der alte Kaffee in der Thermoskanne macht mich nicht wärmer.

Das TLF –H wird wieder zu einem Papierkorb gerufen, den die ewigen Witzbolde als guten Resonanzboden für Knaller - Briefkästen waren übrigens auch sehr beliebt - nutzen, ich gehe mal runter in die Zentrale und klöne ein bisschen mit dem Kollegen und höre nebenbei dem Funk zu. Beide unsere TLF’s waren im Einsatz, der RTW rast von A nach B, alle anderen Wachen sind in Gang.

Wache drei hat ein Feuer in einem Kindergarten, ich zweifele nicht das erste Mal am Verstand meiner Mitmenschen..

Irgendwie genieße ich die Ruhe auf der Wache, mag sie noch so kurz sein.
Ich nutze diese Pause, um schnell mal zu Hause anzurufen: „Hallo Spatz, wie geht es??“ „Hier ist alles klar, wünsche dir einen ruhigen Dienst“. Sicherlich keine erschöpfende und ausfüllende Konversation, aber sie hilft ein bisschen.

Dann bin ich auch wieder dran, irgend jemand hat irgendwo ein paar Eiszapfen an der Dachrinne entdeckt, die nun weg müssen. Das ist allerdings eine Normalfahrt, nur nichts überstürzen. RUMMMS, wieder ein gleißender Blitz vor unserer Windschutzscheibe, ein donnernder Schlag, das Gottfried das Lenkrad verreißt. Hätte er angehalten, ich wäre garantiert raus gesprungen und hätte dem Witzbold eines an die Backen gegeben. Darf ich nicht, ich weiß, aber auch wir haben Nerven.

Der Einsatz war reine Routine, nach einer viertel Stunde sind wir auf dem Rückweg - und kommen tatsächlich an.

Ein TLF steht auch im Stall, oben großes Juchhei, die Jungs scheinen ja ganz gut drauf zu sein. Oha, die ersten Damen sind eingetroffen, haben Kaffee gemacht und Kuchen mitgebracht, die Wache erscheint mir mit einem Male etwas heller.

Das TLF muss weg, das Andere ist immer noch nicht da, den RTW habe ich lange schon nicht mehr gesehen, also bin ich jetzt der Entertainer für die Damen. Ich gestehe, dass mir das nicht so leicht fällt, ich bin für meiner Schüchternheit bekannt..

Endlich ist der Zug wieder komplett auf der Wache, es wird jetzt richtig lebhaft, zumal wir, oh Wunder, tatsächlich etwas Ruhe haben.

Draußen ist es inzwischen gänzlich dunkel, der Schneefall ist weniger geworden, aber die Stadt scheint außer Rand und Band zu sein, alle anderen Wachen haben alles draußen, was irgendwie rollt.

Ich ziehe mich ein wenig in den Fernsehraum zurück und sehe mir die Silvesterschau in der Stadthalle Hannover an, die im ZDF übertragen wird.

Die Stadthalle ist ein sehr großes Gebäude mit mehreren Festsälen, die für Kongresse und Musikshow’s aller Art genutzt werden. Diesen Abend sind dort ca. 2000 Menschen versammelt, darunter alle Größen aus Funk und Fernsehen und Honoratioren der Stadt und des Landes.. Nicht der Platz, an dem ich meinen Silvester verbringen könnte, eine Eintrittskarte ohne Sitzplatz kostet über 150.-DM.

„Achtung Achtung, Alarm fünfter Zug, zweiter Alarm (zwei Löschzüge), Stadthalle, Feuer!“ Das KANN gar nicht sein, zur Sekunde sah ich doch noch die Life-Show. Jetzt kommen auch noch die Komiker, die uns mit falschen Alarmen hin und her hetzen, für uns eine Pest.

Wir sind als erste an der Einsatzstelle, der Erste Zug trifft Sekunden später ein, der zuständige Dritte Zug ist teils noch am Kindergarten, teils mit anderen Dingen beschäftigt..

Aus der Eingangshalle dringt dicker schwarzer Qualm, ich mag es einfach nicht glauben..

Dieses ist noch kein GMB-Job, ich renne nach vorne und höre schon den Einsatzleiter brüllen: „Los Bethge, ausrüsten!“ Er meint, dass ich ebenfalls Atemschutz aufsetzen soll, um direkt in die Brandbekämpfung einzugreifen.

Der Mann hat jetzt ernste Sorgen. Ich sehe es sofort, das Feuer war gar nicht so groß, aber gemein. In der Vorhalle brannten Kartonagen und Verpackungsmaterial für die Fernsehaufführung, Steropur, welches einen unheimlichen und klebrigen Rauch erzeugte, der durch alle Ritzen drang.
Im Saal läuft die Schau, dass das noch keiner gemerkt hat, was hier los ist, das ist ein reines Wunder, und dieses Wunder wünschen wir uns sehnlichst ein wenig länger.

Erschwerend ist, dass durch die Halle und praktisch im Feuer liegend unterarmdicke Drehstromkabel für die Kameras und Scheinwerfer laufen, die von eigenen fahrbaren Generatoren der Fernsehanstalt kommen.

Wenn wir diese abschalten lassen, dann hätten wir genau das, was wir mit aller Macht verhindern wollen: Aufmerksamkeit bei der Party-Gesellschaft, die nur durch eine Tür von uns getrennt feiern.

Der Rauch wird trotz unserer Löschbemühungen immer dichter, jetzt tobt uns auch noch die Presse vor den Füßen herum, irgend jemand „Offizielles“ wird von mir angerempelt, ich habe ihn wirklich! nicht gesehen. Meine Maske ist dick mit Rufpartikeln verschmiert, ich versuche verzweifelt, mit einem nassen Taschentuch wieder etwas Klarheit zu erlangen.
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Der Rauch zieht in die oberen Stockwerke bis auf den Schnürboden, verklebt und verkleistert alles, vom normalen Möbel bis zu den Schaltanlagen.
Später erfahren wir die Schadenshöhe, sie ist astronomisch.

Ich bin noch im Gebäude, als ich es klirren höre..
Draußen ist Gottfried zugange, er hat sich einen Kollegen geschnappt, da er mich so schnell nicht finden kann, fährt von außen mit dem Korb und dem darin stehenden Kollegen an den Fenstern des Treppenraumes entlang und alle werden eingeschlagen. Unten hat man jetzt einen Lüfter installiert, der versucht, den Rauch abzusaugen.

Ich laufe von oben nach unten, um zu meiner GMB zu kommen, als ich auf der Treppe auf Glasscherben ausrutsche und fast die gesamte Länge auf dem Pressluftatmer (PA) wie auf einen Schlitten die Stufen runter schliddere, immer bemüht, meinen „Achtersteven“ hoch zu reißen, damit mir um Himmels willen kein Glassplitter selbigen zerschneidet.

Es muss ein köstliches Bild sein, aber die unten stehenden Kollegen lachen nicht. Entweder sie sind zu müde oder sie sind tatsächlich entsetzt.

Unglaublicher Dusel, mit vollem Schwung komme ich unten an, bis auf ein paar blaue Flecke nichts passiert..

Aber jetzt passiert das andere, wovor wir uns gefürchtet haben: Ein sehr bekannter Schauspieler öffnet die Tür und sieht die Bescherung und verbreitet die Kunde natürlich. Heidengelächter, so ein Witzbold, huch nein, was dem aber auch immer wieder einfällt, na, dann wollen wir mal gucken.

Jetzt hilft nur die Flucht nach vorne, kurzer Blickkontakt zum Einsatzleiter, der winkt und ein Kollege und ich rein, um die Leute zurück zu halten. Die jetzt auch noch in dem Chaos, nichts wäre mehr gelaufen.

Als ich rein komme, die Maske noch auf dem Gesicht, werde ich plötzlich herum gewirbelt, eine junge und zugegebenermaßen sehr hübsche junge Dame wirbelt mich im Walzertakt umher. Ich kann mich sehr nett befreien, bringe sogar den üblichen Verbeuger fertig, man weiß ja, was sich gehört - und nehme endlich die Maske ab.

Alles redet auf mich ein, was denn los sei? „Och, wir haben draußen ein kleines Feuer, aber dreeeeeeckig, gehnse bloß nich raus, da versaunse sich gleich Ihre schmucke Garderobe“.

Das hat offensichtlich gezogen, der andere Kollege steht wie ein Fels in der Brandung an der Tür, an dem kommt keiner vorbei, während ich mich mal hier mal da ein wenig unterhalte. Das beruhigt die Leute, wenn Feuerwehrleute Zeit haben, an der Party teilzunehmen und sogar (bitte jetzt nicht petzen) ein Glas Sekt, wirklich nur eines!, zu trinken, dann kann es sooo schlimm ja nicht sein...

Inzwischen ist es drei Uhr morgens, ich fühle meinen Körper kaum noch, die Müdigkeit kriecht wie ein klebriges Etwas den ganzen Körper empor, wir haben getan, was wir können und packen nun ein.

Gottfried und ich sitzen schon auf dem Fahrzeug, als mit einem Male ein Kollege die Tür aufreißt: „Hier, nimm mal an“ und mir ein großes Tablett mit den erlesensten Sachen bis hin zu Kaviarbrötchen in das Fahrzeug schob.

Das und all die anderen Tabletts auf den anderen Fahrzeugen war der Rest des Silvesterbuffes und ich weiß mit einem Mal, warum der Eintritt so horrend ist..

Wir versuchen etwas zu essen, aber der schleimige Rauch sitzt mir immer noch in der Kehle, eine Selters wäre jetzt ein Geschenk des Himmels.

Es wird vier Uhr, bis wir die Fahrzeuge, jetzt ungestört, wieder fertig haben, der RTW kommt gerade um die Kurve und schiebt unbehelligt in die Box, ich gehe mit den anderen noch einmal kurz zur Kantine, wo alle die Pracht steht, nicht angerührt. Den anderen geht es wie mir. Na, da hat die folgende Schicht wenigstens was Gutes. Der so wenig geliebte „Stellvertretene“ kommt und wünscht ungewohnt freundlich allen ein frohes neues Jahr.
Na, dann prost.

Von weiteren Dingen gibt es in dieser Schicht nicht viel zu berichten, außer, dass ich inzwischen geduscht habe - wurde fahrzeugweise gemacht - saubere Einsatzkleidung trage und ein Witzbold mir ein Scherzparfum über das Hemd kippt. Wer einmal dieses Zeug gerochen hat, der weiß, warum ich so gar nicht lachen konnte..





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